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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Schlosser, Julius von: Giusto's Fresken in Padua und die Vorläufer der Stanza della Segnatura
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0020
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i6

Julius von Schlosser.

Inschrift eine weitere Bestätigung enthält. Er hinterliess seine Frau Antonia, die noch im Jahre 1400
urkundlich erwähnt wird.

Erhaltene Die Fresken der Lucaskapelle sind, wie schon Moschini hervorgehoben hat,1 durch Dom. Sandri

Das Triptychon derart entstellt worden, dass sie so wenig wie die von Brida überpinselten Malereien des Baptisteriums
in London. irgendwelche Rückschlüsse erlauben. Da ferner auch jenes wunderthätige Madonnenbild im Dom2
allzu wenig beglaubigt ist,3 so ist es angebracht, nach bezeichneten Werken des Meisters Umschau zu
halten, um eine Anschauung von seiner Kunstweise zu gewinnen. Ausser einem ehedem in Privat-
besitz zu Mailand befindlichen Tafelbilde/ das ich aber nicht kenne, ist hier ein Triptychon der
Londoner Nationalgalerie von besonderer Wichtigkeit, umsomehr da es datirt und gut erhalten ist.5

Die Mitteltafel enthält dasselbe Sujet, das ein anderer Paduaner, Guariento, an der Stirnwand
des Rathsaales in Venedig gemalt hat: die heute unter Tintoretto's »Paradies« verborgene »Krönung
der Jungfrau«. Im Vordergrunde stehen je drei weibliche und männliche Heilige (Margaretha, Barbara,
Katharina, Paulus, Johannes der Täufer und Petrus). Zur Standfläche dient diesen Figuren das nach-
her so oft zur Erleichterung der Construction verwendete perspectivische Quadratnetz; doch hat der
Maler natürlich noch nicht den richtigen Gebrauch davon zu machen gewusst. Die Innenseiten der
Altarflügel haben oben die Verkündigung, darunter die Geburt und die Kreuzigung Christi. Der ge-
schlossene Altar zeigt die wichtigsten Momente aus der Geschichte Marias: oben die Verstossung
Joachims aus dem Tempel, seinen Traum, dann die Begegnung an der goldenen Pforte, die Geburt
der Jungfrau, ihren Tempelgang und das »Sposalizio« (Taf. I).

Der Altar trägt die Signatur: IVSTVS PINXIT INjARQÄ?] und die Jahreszahl ÄNÜ DM MCCCLXVH-
Wenn wir nun auch die sehr unsichere Lesung des Ortsnamens dahingestellt lassen müssen, so kann
doch kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass das Triptychon wirklich ein Werk des in Padua
naturalisirten Florentiners ist, der im Jahre iZ6j dort schon vollständig eingelebt gewesen sein muss.
Denn wie andere viel bedeutendere Meister hat auch er seinen heimatlichen Stil fast gänzlich aufge-
geben und sich der oberitalienischen Kunstweise gefügt. Die Architektur des Thrones, die runden
Köpfchen der Frauen, das charakteristische Profil des heiligen Paulus weisen schon auf jene Richtung
hin, die uns ein Decennium später in den Malereien des Altichiero und Avanzi im Santo so mächtig
und voll ausgebildet entgegentritt. Der Typus Christi steht demjenigen des Oratorio di San Giorgio
in der gleichen Scene (über dem Portal) sehr nahe. Dazu kommt, dass namentlich die Bilder der
Aussenflügel (besonders der »Traum Joachims«) ein sehr eingehendes Studium der Fresken Giotto's in
der Kapelle der Arena zeigen, wie es in solcher Weise nur einem in Padua selbst lebenden Maler
möglich war.

Von Giusto's Kunstvermögen gibt uns das Bild jedenfalls keine sehr hohe Vorstellung; man wird
wiederum an Dürer's Ausspruch erinnert. Der ausgewanderte Florentiner ist kaum zu den Meistern
zweiten Ranges zu zählen und Crowe und Cavalcaselle thun ihm zuviel Ehre an, wenn sie ihn unter
die guten Giottisten der Schule Taddeo Gaddi's zählen, aus der er hervorgegangen sein mag, mit der
er aber, in diesem Bilde wenigstens, keine Verwandtschaft mehr aufweist.
Die i-resken Wir haben gesehen, dass Micchiel dem Giusto nur ein Werk mit Bestimmtheit zutheilt: den

Freskenschmuck der Cappella di Sant'Agostino in der Kirche der Eremitenmönche von der Regel des
heil. Augustinus. Nach ihm war sie die Stiftung eines Höflings der Carrara, des Tebaldo di Cortellieri,
dessen Bildniss und Grabschrift sich in der Kapelle rechts vom Altare befanden. Das Datum der
Gründung, 1370, würde sich mit Giusto's Aufenthalt in Padua recht wohl in Uebereinstimmung
bringen lassen. Wiewohl das Schweigen Savonarola's bemerkenswerth ist, so wird doch die Autor-

der Cappella di
Sant' Agostino
bei den
Eremitani.

1 Deila origine etc., p. 12.

2 Rossetti, Descrizione, p. 129; Brandolese, Pitture, p. 126.

3 Ebenso wenig wie das von Waagen, Kunstdenkmäler in Wien I, S. 402, willkürlich dem Giusto zugeschriebene
Tafelbild in der Czernin'schen Galerie zu Wien.

4 Crowe und Cavalcaselle II, S. 409.

5 Ebendaselbst.
 
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