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Julius von Schlosser.
die Bibliotheken legen noch heute Zeugniss davon ab.1 So hat es den Miniatoren Wenzels an Vor-
bildern nicht gemangelt.
Der italienische Einfluss auf die Cultur und Kunst Böhmens in der luxemburgischen Periode ist
überhaupt nicht gering anzuschlagen. Schon der Ahnherr der Dynastie, Heinrich VII., ist Dantes
Ideal gewesen und von ihm in das Paradies versetzt worden. Karl IV. Verhältniss zu Petrarca ist be-
kannt; der Dichter der Laura hat die böhmische Gapitale besucht und dort auch einen ansässigen
Landsmann, den Apotheker Angelo aus Florenz, gefunden. 1350 weilte der abenteuernde Tribun von
Rom, Cola di Rienzo, in Prag, dessen Aufenthalt auf den bereits genannten Kanzler Johann von Neu-
markt nicht ohne Eindruck geblieben ist. Johann, der zweimal (1354 und i368) in Italien gewesen
ist, war überhaupt ein enthusiastischer Bewunderer südlicher Natur und Cultur und wir müssen in
ihm, dem Vorsteher der königlichen Kanzlei, einen der mächtigsten Förderer italienischen Einflusses
erkennen.2 So ist es begreiflich, dass auch die böhmische Hofkunst davon nicht unberührt geblieben
ist. Arbeiteten doch venezianische Mosaicisten am Prager Veitsdom, macht sich giotteske Formen-
gebung in den Fresken des Emausklosters bemerklich. Zur Ausschmückung der Burg Karlstein zog
Karl IV. einen oberitalienischen Maler heran, den Tommaso di Modena, einen Trevisaner, der unter
dem Einflüsse der altveronesischen Schule des Altichiero steht. Sein Triptychon, das sich jetzt in der
Wiener Galerie befindet, zeigt den heil. Wenzel, der aber als Herzog den Corno des venezianischen
Dogen trägt, eine naive Vorstellung, die bei einem Unterthanen der Serenissima — Treviso gehörte
seit 1344 zu Venedig — leicht erklärlich ist.
1 Anzeiger der Krakauer Akademie der Wissenschaften 1892; Publication der italienischen Miniaturen in der jagelio-
nischen Bibliothek; Comptes-rendus de la commission de l'histoire de l'art, t. V.
2 S. Burdach, a. a. O., S. 74, Anm. 1.
Fig. 2. Ranke aus der Wenzelsbibel.
Julius von Schlosser.
die Bibliotheken legen noch heute Zeugniss davon ab.1 So hat es den Miniatoren Wenzels an Vor-
bildern nicht gemangelt.
Der italienische Einfluss auf die Cultur und Kunst Böhmens in der luxemburgischen Periode ist
überhaupt nicht gering anzuschlagen. Schon der Ahnherr der Dynastie, Heinrich VII., ist Dantes
Ideal gewesen und von ihm in das Paradies versetzt worden. Karl IV. Verhältniss zu Petrarca ist be-
kannt; der Dichter der Laura hat die böhmische Gapitale besucht und dort auch einen ansässigen
Landsmann, den Apotheker Angelo aus Florenz, gefunden. 1350 weilte der abenteuernde Tribun von
Rom, Cola di Rienzo, in Prag, dessen Aufenthalt auf den bereits genannten Kanzler Johann von Neu-
markt nicht ohne Eindruck geblieben ist. Johann, der zweimal (1354 und i368) in Italien gewesen
ist, war überhaupt ein enthusiastischer Bewunderer südlicher Natur und Cultur und wir müssen in
ihm, dem Vorsteher der königlichen Kanzlei, einen der mächtigsten Förderer italienischen Einflusses
erkennen.2 So ist es begreiflich, dass auch die böhmische Hofkunst davon nicht unberührt geblieben
ist. Arbeiteten doch venezianische Mosaicisten am Prager Veitsdom, macht sich giotteske Formen-
gebung in den Fresken des Emausklosters bemerklich. Zur Ausschmückung der Burg Karlstein zog
Karl IV. einen oberitalienischen Maler heran, den Tommaso di Modena, einen Trevisaner, der unter
dem Einflüsse der altveronesischen Schule des Altichiero steht. Sein Triptychon, das sich jetzt in der
Wiener Galerie befindet, zeigt den heil. Wenzel, der aber als Herzog den Corno des venezianischen
Dogen trägt, eine naive Vorstellung, die bei einem Unterthanen der Serenissima — Treviso gehörte
seit 1344 zu Venedig — leicht erklärlich ist.
1 Anzeiger der Krakauer Akademie der Wissenschaften 1892; Publication der italienischen Miniaturen in der jagelio-
nischen Bibliothek; Comptes-rendus de la commission de l'histoire de l'art, t. V.
2 S. Burdach, a. a. O., S. 74, Anm. 1.
Fig. 2. Ranke aus der Wenzelsbibel.