Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

DOI Heft:
Abhandlungen
DOI Artikel:
Schlosser, Julius von: Giusto's Fresken in Padua und die Vorläufer der Stanza della Segnatura
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0046
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Giusto's Fresken in Padua und die Vorläufer der Stanza della Segnatura.

35

Die Vertreter der drei theologischen Tugenden sind, wie wir später sehen werden, Dante's
Paradies entnommen. Inhaltlich sind das blasse Gebilde, deren Werth von ihrer künstlerischen Form
abhängt; der Ruhm, diesen leblosen Schemen reiches, gedankenschweres Leben eingehaucht zu haben,
gebührt derjenigen Kunst des Mittelalters, die wir die scholastische nennen können, der französisch-
gothischen des XIII. und XIV. Jahrhunderts sowie der des florentinischen Trecento, vor allem im
Kreise der Dominikaner.

Wie sehr aber das Mittelalter von dem Gedanken- und Formenschatz namentlich der späten
Antike abhängig ist, das zeigt sich fast bei jedem historischen Problem. Wie die altchristliche Typo-
logie ihres antiken Pendants nicht entbehrt, so haben auch jene grossen, lehrhaft allegorischen Compo-
sitionen des Mittelalters ihre Vorgänger in spätantiken Denkmälern. In letzter Linie wird dies Alles
auf die Bildung der tonangebenden Weltstadt des hellenistischen Alterthums, auf das gelehrte Alexan-
drien, das antike Paris, zurückzuführen sein. Was die Stadt an der Seine für die Cultur des späten
Mittelalters war, ihr Ausgangs- und ihr Mittelpunkt, das hat die Gründung des grossen Makedoniers
im Nildelta für das spätere Alterthum bedeutet.

Im Jahre 1884 kam beim Baue des Provincialmuseums in Trier ein ausgedehntes, zum grösseren
Theile wohl erhaltenes Fussbodenmosaik zum Vorschein, das der späteren römischen Kaiserzeit an-
gehört und inschriftlich mit dem Namen seines Verfertigers Monnus bezeichnet ist.1 Obwohl es nur
zum Theile erhalten ist, so ist doch infolge des geometrischen Eintheilungsschemas eine vollständige
Reconstruction möglich (Fig. 3). Das mittelste Achteck (I) enthält die Figur des Homer mit der
Calliope und dem »Ingenium«; umher sind acht Quadrate mit den Bildern berühmter Schriftsteller
und Dichter gruppirt (1 bis 8). Diese bilden den Uebergang zu den acht äusseren concentrischen Acht-
ecken der übrigen Musen und ihrer Vertreter (II bis IX). Es folgen acht Quadrate mit Porträten von
Schauspielern mit verschiedenen Masken (oc bis d-); die äussere Umrahmung bilden die zwölf Monate
des Jahres (A bis M), die zwölf Zeichen des Thierkreises (a bis m); die vier Ecken sind endlich
von den vier Jahreszeiten eingenommen (a, b, c, 6).

Das Mosaik
des Monnus
in Trier.

I. Calliope: Homerus, Ingenium.

1. Ennius. 2. Menander. 3. Tul-

lius Cicero. 4. Dio .... 5.....

R . . . . 6. Vergilius Maro. 7. T.

(Livius). 8. Esiodus.
II. Thalia —?— III. Euterpe • Agnis.

IV.Clio-Cadmus. V.Urania-Aratos.

Vl.Polymnia-... icar... VII. (Erato)

Thamyris. VIII. (Terpsichore ?) (?).

IX. (Melpomene?) (?).
a, ß, 7, 8, s, l, yj, 3- Schauspieler.
A. (Januarius). B. (Februarius). C.(Mar-

tius). D. Aprilis. E. (Maius). F. Ju-

nius. G.Julius. H.(Augustus). I.Sep-
tember. K. October. L. (November).

M. (December).
a. (Pisces). b. (Aries). c. (Taurus).

d. (Gemini), e. Cancer, f. Leo. g.

(Virgo). h. (Libra). i. (Scorpio).

k. (Sagittarius). 1. (Capricornus).

m. Aquarius.
a.Ver. b. Aestas. c. Autumnus. b. (Hi-

emps).

Fig. 3. Mosaik des Monnus in Trier.
(Schematische Uebersicht.)

1 Antike Denkmäler, Bd.L, H.4, Tafel 47—49- Dazu Studemund im Jahrbuche des deutschen archäolog. Institutes 1890, S. 1.

5*
 
Annotationen