Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.
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zu erweisen sein, der in den Quellen übereinstimmend unbärtig dargestellt ist; die Aufschrift: »Hadria-
nus V.«, die wir auf dem Bilde XIX treffen werden, beruht auf einem Irrthume und sollte »Joannes XXII.«
heissen. Papst Hadrian dagegen wird vollbärtig gegeben, so von Cavaleriis (Nr. 188) und Piatina
(p. 236), und zwar von diesen im Profil mit Tiara und Cappa aber mit ähnlicher Bildung der Nase,
der Brauen und dem gleichen, beträchtlich zurücktretenden Kinne, wie ihn auch unser fälschlich
»Joannes XXII.« genanntes Bildniss zeigt. Es ist nun bezeichnend, dass eine gleiche Verwechslung
auch in der »Chronologia« stattgefunden hat. Hier ist unter Nr. 196 ein vollbärtiger mit Camauro
und Mozetta ausgestatteter Papst, der also ganz so wie unser Hadrian V. erscheint, als Johann XXII.,
dagegen unter Nr. 186 ein unbärtiger mit blossem Kopfe, Mozetta und Pallium, der sicher Johann XXII.
ist, als Hadrian V. bezeichnet. Das Zusammen-
treffen beider Erscheinungen in zeitlich von ein-
ander so weit entfernten und von einander un-
abhängigen Copien zeigt erstlich, dass die Auf-
schriften nicht erst in der »Chronologia«, also
aus Anlass der Restauration der Rundbilder von
San Paolo unter Benedict XIV. (s. oben S. 106)
sondern schon im XVI. Jahrhunderte, als unsere
kleinen Gemälde entstanden, verwechselt waren;
zweitens, dass unsere Bilder XIII und XIX, sicher
wenigstens das erstere, auf derselben Vorlage
beruhen wie die entsprechenden der »Chrono-
logia« und eben von dieser Vorlage die fehler-
hatten Aufschriften herrühren. Nun bringt Cava-
leriis den Papst nicht wie unser Bild von vorne
sondern in Profilansicht, d. h. nach einer anderen
Vorlage und mit richtiger Aufschrift, wornach
mindestens zwei verschiedene Originale voraus-
gesetzt werden müssten. Dagegen spricht aber
andererseits wieder die kurze, wenig mehr als
einen Monat dauernde Regierung des Papstes,
welche weder die Zeit noch die Anlässe für ver-
schiedene Darstellungen desselben bot. Dies
zwingt uns, für die verschiedenen Vorlagen,
Nr. XIV.
welchen unser Bild nebst der »Chronologia« einerseits und Cavaleriis andererseits folgten, ein gemein-
sames Urbild anzunehmen, und zwar eine Sculptur, von der das Bildniss einmal von vorne, ein anderes
Mal von der Seitenansicht abgenommen wurde. Wahrscheinlich also gehen die Vorlagen auf das Grab-
denkmal des Papstes zurück.
XIV. Nicolaus IV. (Girolamo aus Ascoli),
von armen Eltern stammend, Franziskaner und 1274 General seines Ordens, wurde von Martin IV. zum Bischof
von Palestrina, von Nicolaus III. 12. März 1278 zum Cardinal von Santa Pudenziana promovirt und nahm, am
22. Februar 1288 zum Papste gewählt (der erste Franziskaner, der den heil. Stuhl bestieg), in dankbarer Erinne-
rung an Letzteren den Papstnamen Nicolaus an. Bezeichnend für ihn und seine Zeit ist, dass er nach dem Miss-
lingen einer kleinen selbstständigen Unternehmung in Palästina1 für den eifrig betriebenen Plan, die abend-
ländischen Fürsten sowie die Armenier, Georgier, Iberier und den Grosskhan der Tartarei zu einem grossen
Kreuzzuge zu vereinigen, kein Verständniss und keine Theilnahme mehr fand. In verschiedenen Richtungen
thätig, förderte er auch die Universitäten, verschönerte kirchliche und Profanbauten in Rom2 und blieb auch
1 Nachdem der Sultan von Babylon Tripolis eingenommen, sandte Nicolaus IV. ein kleines Kreuzheer zum Schutze
von Ptolemais, der letzten christlichen Festung, ab, das aber deren Fall nicht zu verhindern vermochte (1291).
■i Ihm verdanken die Basiliken von St. Peter und St. Paul sowie vom Lateran und Santa Maria Maggiore neue
Mosaiken; vornehmlich die Erneuerung der Päpstebildnisse in den beiden erstgenannten Kirchen ist von ihm vcranlassi
worden (vgl. oben S. io3, Note 4).
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zu erweisen sein, der in den Quellen übereinstimmend unbärtig dargestellt ist; die Aufschrift: »Hadria-
nus V.«, die wir auf dem Bilde XIX treffen werden, beruht auf einem Irrthume und sollte »Joannes XXII.«
heissen. Papst Hadrian dagegen wird vollbärtig gegeben, so von Cavaleriis (Nr. 188) und Piatina
(p. 236), und zwar von diesen im Profil mit Tiara und Cappa aber mit ähnlicher Bildung der Nase,
der Brauen und dem gleichen, beträchtlich zurücktretenden Kinne, wie ihn auch unser fälschlich
»Joannes XXII.« genanntes Bildniss zeigt. Es ist nun bezeichnend, dass eine gleiche Verwechslung
auch in der »Chronologia« stattgefunden hat. Hier ist unter Nr. 196 ein vollbärtiger mit Camauro
und Mozetta ausgestatteter Papst, der also ganz so wie unser Hadrian V. erscheint, als Johann XXII.,
dagegen unter Nr. 186 ein unbärtiger mit blossem Kopfe, Mozetta und Pallium, der sicher Johann XXII.
ist, als Hadrian V. bezeichnet. Das Zusammen-
treffen beider Erscheinungen in zeitlich von ein-
ander so weit entfernten und von einander un-
abhängigen Copien zeigt erstlich, dass die Auf-
schriften nicht erst in der »Chronologia«, also
aus Anlass der Restauration der Rundbilder von
San Paolo unter Benedict XIV. (s. oben S. 106)
sondern schon im XVI. Jahrhunderte, als unsere
kleinen Gemälde entstanden, verwechselt waren;
zweitens, dass unsere Bilder XIII und XIX, sicher
wenigstens das erstere, auf derselben Vorlage
beruhen wie die entsprechenden der »Chrono-
logia« und eben von dieser Vorlage die fehler-
hatten Aufschriften herrühren. Nun bringt Cava-
leriis den Papst nicht wie unser Bild von vorne
sondern in Profilansicht, d. h. nach einer anderen
Vorlage und mit richtiger Aufschrift, wornach
mindestens zwei verschiedene Originale voraus-
gesetzt werden müssten. Dagegen spricht aber
andererseits wieder die kurze, wenig mehr als
einen Monat dauernde Regierung des Papstes,
welche weder die Zeit noch die Anlässe für ver-
schiedene Darstellungen desselben bot. Dies
zwingt uns, für die verschiedenen Vorlagen,
Nr. XIV.
welchen unser Bild nebst der »Chronologia« einerseits und Cavaleriis andererseits folgten, ein gemein-
sames Urbild anzunehmen, und zwar eine Sculptur, von der das Bildniss einmal von vorne, ein anderes
Mal von der Seitenansicht abgenommen wurde. Wahrscheinlich also gehen die Vorlagen auf das Grab-
denkmal des Papstes zurück.
XIV. Nicolaus IV. (Girolamo aus Ascoli),
von armen Eltern stammend, Franziskaner und 1274 General seines Ordens, wurde von Martin IV. zum Bischof
von Palestrina, von Nicolaus III. 12. März 1278 zum Cardinal von Santa Pudenziana promovirt und nahm, am
22. Februar 1288 zum Papste gewählt (der erste Franziskaner, der den heil. Stuhl bestieg), in dankbarer Erinne-
rung an Letzteren den Papstnamen Nicolaus an. Bezeichnend für ihn und seine Zeit ist, dass er nach dem Miss-
lingen einer kleinen selbstständigen Unternehmung in Palästina1 für den eifrig betriebenen Plan, die abend-
ländischen Fürsten sowie die Armenier, Georgier, Iberier und den Grosskhan der Tartarei zu einem grossen
Kreuzzuge zu vereinigen, kein Verständniss und keine Theilnahme mehr fand. In verschiedenen Richtungen
thätig, förderte er auch die Universitäten, verschönerte kirchliche und Profanbauten in Rom2 und blieb auch
1 Nachdem der Sultan von Babylon Tripolis eingenommen, sandte Nicolaus IV. ein kleines Kreuzheer zum Schutze
von Ptolemais, der letzten christlichen Festung, ab, das aber deren Fall nicht zu verhindern vermochte (1291).
■i Ihm verdanken die Basiliken von St. Peter und St. Paul sowie vom Lateran und Santa Maria Maggiore neue
Mosaiken; vornehmlich die Erneuerung der Päpstebildnisse in den beiden erstgenannten Kirchen ist von ihm vcranlassi
worden (vgl. oben S. io3, Note 4).