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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0142
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128

Dr. Friedrich Kenner.

Collegium stiess auf den Widerstand der französisch gesinnten Mitglieder desselben und führte, indem letztere
den Cardinal Robert Grafen von Genf zum Gegenpaste (Clemens VII.) wählten, zu dem grossen Schisma, das am
20. September 1378 begann. Den Kampf gegen Königin Johanna führte der Papst anfänglich mit Erfolg, musste
ihn aber wegen unzulänglicher Mittel aufgeben,' worauf er nach Rom zurückkehrte und hier, nach Ausgabe ver-
schiedener Constitutionen über das heil. Frohnleichnamsfest, am 15. October i38o starb. Er wurde in St. Peter
beigesetzt.2

VRBANVS • VI • PONT • MAX. Brustbild rechts, im Profil, mit braunen Augen, unbärtig, die Nase
kurz und stark vortretend, mit rothem Camauro und Mozetta, beide mit Hermelin gerändert, das sicht-
bare Collare weiss und glatt. Grund dunkelgrau-
braun. — Katalog Nr. 42g.

Das vorliegende Bildniss scheint mit Be-
nützung desselben Originales gemalt zu sein, auf
welchem auch die Bildnisse bei Panvinius (Nr.
204), Cavaleriis (Nr. 204) und Piatina (p. 266)
beruhen, wenngleich Letztere den Papst mit
Tiara, Pallium und Cappa darstellen. Die kurze
Nase, der untere Theil des Gesichtes, namentlich
die Bildung der Lippen und die Falten um den
Mund, in den eben genannten Nachbildungen
und in unserem Porträt stimmen überdies auf-
fallend überein mit der Figur auf dem Deckel
der Tumba und mit dem Relief an der Wand der
letzteren,3 so dass an der Porträtähnlichkeit nicht
gezweifelt werden kann. Auch das Bildniss der
»Chronologia« (Nr. 202), das ihn von vorne, mit
Tiara und Pallium darstellt, erinnert im Gesichts-
ausdrucke, ungeachtet der Modernisirung, an das
Bildniss, welches Panvinius mittheilt. Man wird
daher kaum fehlgehen, wenn man für das Bild
der »Chronologia« die Tumbafigur selbst, für
Nr. XXIII. unser Bild und alle übrigen aber das Relief an

der Vorderseite der Tumba als das gemeinsame
Original bezeichnet.

Nach Vasari-t befand sich auf dem Gemälde des Francesco Traini in Santa Caterina zu Pisa, ge-
nannt der »Triumph des heil. Thomas von Aquino«, gleichfalls ein Bildniss des Papstes. Unter der
Figur des ebengenannten Heiligen brachte der Meister eine Schaar gelehrter Mönche an, darunter
Bischöfe und Päpste, unter ihnen auch Urban VI. Auf jenem Gemälde erscheint nun in der That ein
Mönch, auf dessen Mantel ein Zettel mit der Aufschrift: »Urban • sex ■ pisanus« aufgemalt ist. Diese
Figur hat keinerlei Abzeichen der päpstlichen Würde; auch kann die Aufschrift nur später aufgemalt
sein, da das Gemälde aus dem Jahre 1345 stammt, Urban aber erst 1378 den heil. Stuhl bestieg; es ist
daher an sich die Erklärung wahrscheinlich, welche Milanesi gibt, die Aufmalung jenes Zettels habe
erst stattgefunden, als die Pisaner den Papst als einen Sohn ihrer Stadt reclamirten. Allein andererseits
kann nicht geleugnet werden, dass jene Mönchsfigur, die von der linken Seite mit blossem Kopfe und

1 Eine Folge seiner Politik war es, dass der Papst der Königin Johanna, die unter französischem Einflüsse stand,
das Lehen Neapel entzog und es an Karl von Durazzo übertrug. Dieser führte den Krieg erfolgreich bis zu seiner 1387
in Ungarn erfolgten Ermordung.

2 Dionysius, Vatic. cryptar. monumenta, p. 145, tab. 56. - Die Grabschrift bei Reumont, Geschichte der Stadt
Rom III, I, S. 525.

3 Dionysius, a. a. O., tab. 56. Während die Figur auf der Tumba nur eine Krone an der Tiara hat, zeigt das Relief
den Papst vor St. Peter knieend, mit dreifach bekrönter Tiara, die ihm auch Cavaleriis gibt.

4 Vasari-Milanesi I, p. 613.
 
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