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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0154
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140

Dr. Friedrich Kenner.

erreichen. Er sandte Missionäre nach Nigritien und an den Congo, canonisirte den Markgrafen Leopold von
Babenberg, erweiterte den Vatican1 und erbaute das Belvedere sowie die Fontäne am Petersplatze. Am 25. Juli
1492 gestorben, wurde er in St. Peter neben dem Altare der heil. Maria in einem von seinem Neffen Lorenzo
Cardinal Cybo errichteten und von A. Pollajuolo 1498 vollendeten, noch vorhandenen Grabmale beigesetzt,2 das
1621 aus der alten in die neue Basilica übertragen worden ist.3

INNOCENTIVS • VIII • PONT • M . Brustbild rechts, im Profil, unbärtig, mit braunen Augen und

Brauen, um die Stirne einen Kranz weisser Haare,
der Kopf unbedeckt, die Mozetta roth, mit Her-
melin verbrämt. Grund braunschwarz. — Kata-
log Nr. 440.

Nach demselben Originale, welches den
Bildnissen bei Panvinius (rechts), Cavaleriis
(links, Nr. 217) und Piatina (links, p. 350) zu
Grunde liegt; auch das Bildniss der »Chrono-
logia« (links, Nr. 215) geht darauf zurück. In
jenem bei Panvinius hält der Papst die Hände
vor der Brust gefaltet, ein Umstand, der erkennen
lässt, dass das von ihm benützte Original ein Ge-
mälde gewesen ist, in welchem der Papst als Be-
steller oder Donator, betend und knieend, dar-
gestellt war; auch die Profilwendung stimmt mit
der gewöhnlichen Art, Donatoren anzubringen,
überein. Nun hat Mantegna 1488 bis 1490 die
Kapelle des Papstes im Palazzetto des Belvedere
gemalt und in einem grossen Fresco gegenüber
dem Altare die Mutter Gottes mit Gruppen von
Heiligen und in jener links den Papst als Donator
knieend dargestellt, so dass er dem Beschauer von
der rechten Seite wie in unserem Bilde und bei
Panvinius erscheinen musste.* Das Markige und
scharf Charakterisirende in dem Kupferstiche des eben genannten Herausgebers ist mit der Art Man-
tegna's sehr wohl vereinbar. Es liegt also die Annahme nahe, dass das Original der oben genannten
Bildnisse von Mantegna herrühre. Jene Kapelle ist unter Pius VI. beim Ausbau des vaticanischen
Museums zerstört worden. Die grosse schöne Medaille, welche Friedländer dem Francia zuschreibt,5
stellt den Papst von der linken Seite dar und ist in der Bildung der Nase und einzelner anderer Details

1 Für die im Jahre 1489 dem Papste von Sultan Bajazet als Geschenk übersendete Lanze des heil. Longinus, die
seit Bocmund in der St. Andreaskirche zu Antiochia aufbewahrt war, begann der Papst ein marmorenes Ciborium in
St. Peter zu erbauen (abgebildet im Archivio Storico dell'arte IV [1891 ], p. 368; die Bruchstücke jetzt in den vaticani-
schen Grotten). — Mantegna malte die Fresken in der Kapelle des päpstlichen Gartenhauses im Belvedere. In einem
Schreiben vom 15. Juni 1489 an Gianfrancesco von Mantua beschreibt Letzterer trefflich den Bruder des obengenannten
Sultans, Dschem (Zigim), der als Prätendent gegen den Sultan aufgetreten, besiegt und entflohen war und schliesslich nach
Rom gelangte (eben für die sorgfältige Ueberwachung desselben hatte Bajazet dem Papste unter Anderem jene heil. Lanze
übersendet).

2 Abgebildet bei A. Valentini, Basilica Vaticana II, tab. 25, und E. Müntz, Les primitifs, p. lo3. Es zeigt den Papst
zweimal: einmal auf dem Throne, segnend, in der Linken die heil. Lanze, dann liegend auf der Tumba, beide Werke in
Bronze. Die neue Grabschrift vom Jahre 1621 bei Reumont, Geschichte der Stadt Rom III, I, S. 537.

3 Die Eröffnung des Grabes fand am 5. September 1606 statt; die Leiche, welche auf einen Mann von hohem Wüchse
deutete, war zerfallen, in ein rothes Seidentuch und einen kostbaren Ornat, der Stickereien in Gold und Perlen zeigte,
gehüllt; zu Füssen lag die Bildnissmedaille von A. Pollajuolo (Rev. Justitia, Pax und Copia). Der Sarg wurde neuerdings in
der Kapelle des heil. Gregor neben Clemens VIII. beigesetzt. Vgl. Archivio Storico dell' arte IV (1891), p. 367.

4 Chattard, Nuova Descrizione del Vaticano III, p. 142.

5 Die italienischen Schaumünzen des XV. Jahrhunderts, Taf. 33.
 
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