Dr. Friedrich Kenner.
in Rom bekannt war und unser Bild darauf beruht. Ebenso scheint Benozzo Gozzoli die gleiche Vor-
lage benützt zu haben. Er stellt in dem kleinen Bilde der Gemäldesammlung des Allerhöchsten
Kaiserhauses (vgl. Engerth, Nr. 251) den Heiligen sehr ähnlich aber von der entgegengesetzten Seite
und mit frischerem Incarnate dar. Die Darstellungen, \welche Parri Spinelli, Zeitgenosse und Ver-
ehrer des Heiligen, auf einem Pfeiler und in einer Kapelle des Domes von Arezzo gab, sind mit letzterer
zerstört worden.1 Ein anderes Gemälde in der »Ga-
leria geografica« im Vatican2 ist zu spät entstanden,
um für uns in Betracht zu kommen.
19. Katharina von Siena,
eine der grössten Heiligen des späteren Mittelalters,
Tochter des Giacomo Benencasa und der Lapa, geboren
1347 zu Siena, gestorben 29. April i38o in Rom. Aus-
gezeichnet durch Anmuth, Sittenreinheit und Verstand,
trat sie in ihrem 17. Lebensjahre in den Orden des heil.
Dominicus und führte in diesem ein durch schwere Seelen-
kämpfe errungenes Leben der innigsten Hingabe an den
Erlöser, das an wunderbaren Erscheinungen und über-
natürlichen Zuständen reich ist und ebenso durch lieb-
liche wie durch heroische Charakterzüge ergreift. Ihr
Auftreten war unwiderstehlich und nicht auf Kranke, Arme
und Sünder beschränkt sondern erstreckte sich auch auf
öffentliche Angelegenheiten, durch welche die Kirche in
jenen Zeiten der Gährung und Verwirrung Schaden litt.
Zahlreich sind ihre noch erhaltenen Briefe3 an Päpste,
Cardinäle und Bischöfe wie an Könige und Fürsten; sie
betreffen theils das Verhältniss der Florentiner zu dem
Papste, für dessen Besserung sie selbst an den päpst-
lichen Hof nach Avignon ging, theils die Rückkehr der
Päpste nach Rom, theils die Beseitigung des grossen
Schisma. Sie erlag den Anstrengungen, die sie sich auf-
erlegte, im 33. Lebensjahre und wurde in Santa Maria
Nr. 19. sopra Minerva beigesetzt.* Ihre Heiligsprechung erfolgte
1461 durch Papst Pius II.; ihr Fest wurde von Papst
Clemens VIII. auf den 3o. April verlegt.
Silberschrift: S • KATARINA DE SEN1S. Halbfigur von rechts, im Dreiviertelprofil, der Kopf etwas
gegen die Linke geneigt, die grossen braunen Augen gesenkt, die Brauen braun, die Nase spitz, der
Mund klein, Schleier und Habit weiss, darüber ein schwarzer Schleier, in der sichtbaren schmalen linken
Hand einen Lilienstengel, der Nimbus durch eine sehr feine Kreislinie in goldgelber Farbe angegeben.
Grund dunkelgrau. — Katalog Nr. 468. — Sorgfältige, treffliche Malerei.
Vielleicht nach dem Gemälde von Girolamo Sermonetta in Santa Maria sopra Minerva,5 welches,
da die Sammlung des Erzherzogs in Rom gebildet wurde, als die nächstliegende Quelle betrachtet
werden muss.
Verschieden ist unser Bild von dem »Svenimento« des Sodoma in der St. Katharinenkapelle von
San Domenico in Siena, gemalt im Jahre 1525, und von dem Fresco des Pinturicchio in der Libreria des
Domes von Siena,6 welches ein Buch auf der Brust und die Linke über die Rechte gelegt zeigt; die
Lilie spriesst dort aus dem Wundmal der Hand, während auf unserem Bilde das Wundmal mit Recht
1 Vasari-Milancsi II, p. 280.
2 Es stellt den Heiligen predigend und das von seinen Worten ergriffene Volk dar, wie es die Kostbarkeiten und
Eitelkeiten der Welt herbeiträgt, um sie in das Feuer zu werfen. Chattard, a. a. O. II, p. 268.
3 Sie hinterliess sechs Abhandlungen in Form von Dialogen, eine Rede über Maria Verkündigung und 2 Bände Briefe.
4 Ihr Zimmer wurde nach Maria sopra Minerva übertragen; in eine Kapelle verwandelt ist es noch in der Sacristei
vorhanden.
5 Vasari-Milanesi VII, p. 573.
6 Die Seligsprechung der heil. Katharina bildete das neunte Bild im Freskencyklus aus dem Leben des Papstes
Pius II. Vgl. das oben angeführte Tafelvverk Raccoltä delle piü celebri pitture etc.
in Rom bekannt war und unser Bild darauf beruht. Ebenso scheint Benozzo Gozzoli die gleiche Vor-
lage benützt zu haben. Er stellt in dem kleinen Bilde der Gemäldesammlung des Allerhöchsten
Kaiserhauses (vgl. Engerth, Nr. 251) den Heiligen sehr ähnlich aber von der entgegengesetzten Seite
und mit frischerem Incarnate dar. Die Darstellungen, \welche Parri Spinelli, Zeitgenosse und Ver-
ehrer des Heiligen, auf einem Pfeiler und in einer Kapelle des Domes von Arezzo gab, sind mit letzterer
zerstört worden.1 Ein anderes Gemälde in der »Ga-
leria geografica« im Vatican2 ist zu spät entstanden,
um für uns in Betracht zu kommen.
19. Katharina von Siena,
eine der grössten Heiligen des späteren Mittelalters,
Tochter des Giacomo Benencasa und der Lapa, geboren
1347 zu Siena, gestorben 29. April i38o in Rom. Aus-
gezeichnet durch Anmuth, Sittenreinheit und Verstand,
trat sie in ihrem 17. Lebensjahre in den Orden des heil.
Dominicus und führte in diesem ein durch schwere Seelen-
kämpfe errungenes Leben der innigsten Hingabe an den
Erlöser, das an wunderbaren Erscheinungen und über-
natürlichen Zuständen reich ist und ebenso durch lieb-
liche wie durch heroische Charakterzüge ergreift. Ihr
Auftreten war unwiderstehlich und nicht auf Kranke, Arme
und Sünder beschränkt sondern erstreckte sich auch auf
öffentliche Angelegenheiten, durch welche die Kirche in
jenen Zeiten der Gährung und Verwirrung Schaden litt.
Zahlreich sind ihre noch erhaltenen Briefe3 an Päpste,
Cardinäle und Bischöfe wie an Könige und Fürsten; sie
betreffen theils das Verhältniss der Florentiner zu dem
Papste, für dessen Besserung sie selbst an den päpst-
lichen Hof nach Avignon ging, theils die Rückkehr der
Päpste nach Rom, theils die Beseitigung des grossen
Schisma. Sie erlag den Anstrengungen, die sie sich auf-
erlegte, im 33. Lebensjahre und wurde in Santa Maria
Nr. 19. sopra Minerva beigesetzt.* Ihre Heiligsprechung erfolgte
1461 durch Papst Pius II.; ihr Fest wurde von Papst
Clemens VIII. auf den 3o. April verlegt.
Silberschrift: S • KATARINA DE SEN1S. Halbfigur von rechts, im Dreiviertelprofil, der Kopf etwas
gegen die Linke geneigt, die grossen braunen Augen gesenkt, die Brauen braun, die Nase spitz, der
Mund klein, Schleier und Habit weiss, darüber ein schwarzer Schleier, in der sichtbaren schmalen linken
Hand einen Lilienstengel, der Nimbus durch eine sehr feine Kreislinie in goldgelber Farbe angegeben.
Grund dunkelgrau. — Katalog Nr. 468. — Sorgfältige, treffliche Malerei.
Vielleicht nach dem Gemälde von Girolamo Sermonetta in Santa Maria sopra Minerva,5 welches,
da die Sammlung des Erzherzogs in Rom gebildet wurde, als die nächstliegende Quelle betrachtet
werden muss.
Verschieden ist unser Bild von dem »Svenimento« des Sodoma in der St. Katharinenkapelle von
San Domenico in Siena, gemalt im Jahre 1525, und von dem Fresco des Pinturicchio in der Libreria des
Domes von Siena,6 welches ein Buch auf der Brust und die Linke über die Rechte gelegt zeigt; die
Lilie spriesst dort aus dem Wundmal der Hand, während auf unserem Bilde das Wundmal mit Recht
1 Vasari-Milancsi II, p. 280.
2 Es stellt den Heiligen predigend und das von seinen Worten ergriffene Volk dar, wie es die Kostbarkeiten und
Eitelkeiten der Welt herbeiträgt, um sie in das Feuer zu werfen. Chattard, a. a. O. II, p. 268.
3 Sie hinterliess sechs Abhandlungen in Form von Dialogen, eine Rede über Maria Verkündigung und 2 Bände Briefe.
4 Ihr Zimmer wurde nach Maria sopra Minerva übertragen; in eine Kapelle verwandelt ist es noch in der Sacristei
vorhanden.
5 Vasari-Milanesi VII, p. 573.
6 Die Seligsprechung der heil. Katharina bildete das neunte Bild im Freskencyklus aus dem Leben des Papstes
Pius II. Vgl. das oben angeführte Tafelvverk Raccoltä delle piü celebri pitture etc.