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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0179
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

165

Charakter der Malerei scheint nicht ein älteres Gemälde etwa aus der Zeit des Dargestellten sondern
ein jüngeres benützt zu sein, das wohl nach der Figur auf dem Deckel seiner Tumba gearbeitet wurde.

36. Guido Tarlati da Pietramala,

Sohn des Angclo Tarlati da Pietramala (bei Arezzo), mehr ein Kriegsmann als Priester, ausgezeichnet durch
hervorragende Eigenschaften aber auch von Hochmuth erfüllt, wurde i3i2 Bischof von Arezzo, i3zi von den
Aretinern an die Spitze der Regierung berufen und vertrat die Partei der Ghibellinen mit Glück gegen die Weifen,
welche Arezzo bedrängten. Nachdem er die Befestigung der Stadt wiederhergestellt hatte, eroberte er mehrere
feste Orte, rief König Ludwig den Bayer nach Italien und krönte ihn, obwohl er vom Papste Johann XXII. des
Thrones verlustig erklärt worden war, 1327 in Mailand mit der eisernen Krone. Dafür vom Papste in den Bann
gesprochen, büsste er die Bisthümer Arezzo und Cortona ein, während seine Partei durch ihre Uneinigkeit an Be-
deutung verlor. Aus Gram hierüber starb er auf der Rückkehr nach Arezzo zu Monte Nero am 29. October 1327
und wurde im folgenden Jahre in der Kathedrale von
Arezzo in einem mit (16) Reliefs geschmückten Sarge bei-
gesetzt, welchen Agostino und Agnolo von Siena nach
Zeichnungen Giotto's ausführten; sie enthalten Darstellun-
gen seiner Thaten, darunter auch der Mailänder Krönung.

Goldschrift: GVIDO • PETRAMALEN ■ EPS - j ARET.
Brustbild rechts, im Profil, mit braunen Augen, Brauen
und Haupthaar weiss, der untere Theil des vollen
unbärtigen Gesichtes kurz, das Kinn klein und spitzig,
in bläulichrothem Talare, darüber ein ärmelloses
bläulichviolettes Obergewand (Manteletto). Grund
schwarzbraun. — Katalog Nr. 755.

Das Original ist dasselbe, welches Allegrini1 aus
dem Besitze des Cavaliere Angiolo und Fratello Basci
in Arezzo mitgetheilt hat; dieses wieder beruht sehr
wahrscheinlich auf einem alten Frescogemälde, wel-
ches, wie es naheliegt, anzunehmen, auch den Dar-
stellungen des Guido in den Reliefs seines Grabmales
zu Grunde lag. Doch fehlen alle Anhaltspunkte, um
zu erkennen, ob der Maler des Originales der vero-
nesischen Schule angehörte oder der florentinischen.
Buffalmacco hat von dem Bischöfe von Arezzo Auf-
träge erhalten; wenigstens bezieht sich einer seiner
Streiche auf einen solchen.2

37. Laurentius, Abt zu Unserer Lieben Frau
(Moskau). In der Sammlung des Herzogs Albrecht V. von Bayern befand sich unter anderen Bildnissen
von Zeitgenossen, mit welchen der Münchner Hof in Berührung kam, auch das »Contrafeht eines Mosko-
witterischen Archimandrytae Laurentii etc. so zu Regenspurg im Reichstag mit der Moskowiterischen
Botschaft gewesen. Im jar 1576«.3 Dieses Porträt ist verschollen; eine Copie ist im folgenden Bilde
der Sammlung des Erzherzogs Ferdinand erhalten.

Silberschrift, kleine zierliche Buchstaben: LAVRENTIVS ABBAS AD S • MARIAM •; darunter, wie es
scheint, Reste einer zweiten verlöschten oder getilgten Zeile. Hüftbild von vorne, mit braunen Augen,
lichtbraunen Brauen, Schnur- und Kinnbart, letzterer getheilt, das Kinn lang und breit, das Gesicht
umrahmt von einer schwarzen Kapuze, die über die Stirne bis zu den Brauen hereingezogen ist; über
sie ist ein zweites schwarzes Tuch (Kamilowka) wie ein Schleier gelegt, welches vorne in zwei langen
Theilen über die Brust herabhängt; der Talar dunkelgrau und faltig; auf dem schwarzen Tuche finden

1 Serie di ritratti d'uomini illustri Toscani III, p. 23.

2 Vasari-Milanesi I, p. 507, 510.

3 So aufgeführt in Fickler's Inventar vom Jahre 1598. F. v. Reber, Die Bildnisse der herzoglich bayerischen Kunst-
kammer, Sitzungsber. der philos.-philol. und histor. Classe der k. bayer. Akademie der Wissensch. 1893, Heft 1, S. 44.
 
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