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Dr. Friedrich Kenner.
B) Eine der Gemahlinnen Luigi I., deren Name in der Aufschrift sowohl auf der Vorder- als
auch auf der Kehrseite1 mit Mar. . . beginnt, also ebensowohl Maria als Margaretha gelautet haben
kann. Nun führte keine der drei Frauen des genannten Capitano einen solchen Rufnamen; es lässt
sich daher mit voller Bestimmtheit nicht sagen, welche derselben gemeint sei. Wahrscheinlich aber
ist die erste, Richilda zu verstehen. Denn durchweg werden, wie schon bemerkt, um die Descendenz
in directer Linie darzustellen, in unseren Bildern Vater und Mutter des zur Nachfolge berechtigten
Erstgeborenen oder älteren Sohnes im Bildnisse veranschaulicht; nur einmal ist die Mutter des Letzteren
übergangen. Da nun der zweite Capitän Guido (C) ein Sohn Luigi I. aus seiner ersten Ehe mit
Richilda war, kann mit ziemlicher Wahrscheinlich-
keit eben diese in unserem Bildnisse vermuthet
werden.2
Zierliche Goldschrift, grösstentheils ver-
wischt: MAR..... j ALOISI . . . GAPI | TANEI MANT
] Vxor. Brustbild rechts, im Dreiviertelprofil, mit
braunen Augen und Haaren, die in eine braune
Haube gefasst sind, welche wie ein Turban auf
dem Kopfe liegt; darüber ein Schleier, der an den
beiden Seiten festgesteckt ist; das Hemd in Falten
gezogen; in braunem Kleide und schwarzem, mit
Pelz verbrämtem Oberkleide. Das alternde Gesicht
mit sehr grossen Augen, gerader spitziger Nase und
gewölbten Lippen erinnert lebhaft an die Züge
späterer Prinzessinnen des Hauses Gonzaga, wie
sie der Frauenmaler gibt. Grund braungrün. Auf
der Rückseite der Holztafel in Cursivscbrift:
Mar____J Aloysü Capit. uxor. — Katalog Nr. 546,
Primisser: »Margaretha«, v. Sacken: »Margaretha
(eigentlich Nov. Malaspina)«.
Die Art, den Schleier zu tragen, ist dieselbe
wie auf dem Bildnisse der Barbara von Branden-
burg (Nr. 46) von Mantegna; auch die Wiedergabe
der alternden Züge ist eine ähnliche. Man darf
daraus folgern, dass der Maler, welcher das Ori-
ginal des vorliegenden Bildes schuf, sich von dem Fresco des Mantegna beeinflussen Hess, wenigstens
die Mode des ausgehenden XV. Jahrhunderts auf eine Dame übertrug, die reichlich 160 Jahre früher
gestorben ist. Dies gibt uns einen Anhaltspunkt, um die Zeit zu bestimmen, in welcher die Bildnisse
der Frauen der ältesten Gonzaga entstanden sind; man wird dafür frühestens das Ende des XV. Jahr-
hunderts ansetzen dürfen; sie müssen also um jene Zeit als Ergänzung älterer Bildnisse ihrer Männer
entstanden sein. — Die Copie rührt von der Hand des Frauenmalers her.
C) Guido,
ältester Sohn des Luigi aus dessen erster Ehe, nahm an den Kämpfen seines Vaters Theil, folgte diesem in der
Würde eines Generalcapitäns und wurde 1365 Reichsvicar. Dem Bündnisse des Papstes und des Kaisers gegen
Barnabo Visconti 1362 beigetreten, sah er in dem erfolglosen mehrjährigen Kampfe sein Land bald von seinem
Feinde, bald von seinem Verbündeten (Verona) besetzt, bis ihm der Kaiser im Friedensschlüsse von Bologna
(i36g) eine Reihe seiner Besitzungen gegen die Ansprüche der Scaligeri zusprach. Guido, ein Freund des Petrarca,
starb bald nach jenem Friedensschlüsse am 22. September i36g. Er war in erster Ehe mit Agnese, '1 ochter des
1 Es ist dies ein Zeichen, dass der Name schon auf der dem Bildniss beigelegten alten Pergamentschrift nicht voll-
ständig geschrieben war.
2 Für jeden anderen Versuch, das Bildniss zu bestimmen, fehlen die Anhaltspunkte, da letzteres nicht auf einem alten
Originale beruht sondern später als Ergänzung zu dem Bildniss Luigi I. gemalt worden ist.
Dr. Friedrich Kenner.
B) Eine der Gemahlinnen Luigi I., deren Name in der Aufschrift sowohl auf der Vorder- als
auch auf der Kehrseite1 mit Mar. . . beginnt, also ebensowohl Maria als Margaretha gelautet haben
kann. Nun führte keine der drei Frauen des genannten Capitano einen solchen Rufnamen; es lässt
sich daher mit voller Bestimmtheit nicht sagen, welche derselben gemeint sei. Wahrscheinlich aber
ist die erste, Richilda zu verstehen. Denn durchweg werden, wie schon bemerkt, um die Descendenz
in directer Linie darzustellen, in unseren Bildern Vater und Mutter des zur Nachfolge berechtigten
Erstgeborenen oder älteren Sohnes im Bildnisse veranschaulicht; nur einmal ist die Mutter des Letzteren
übergangen. Da nun der zweite Capitän Guido (C) ein Sohn Luigi I. aus seiner ersten Ehe mit
Richilda war, kann mit ziemlicher Wahrscheinlich-
keit eben diese in unserem Bildnisse vermuthet
werden.2
Zierliche Goldschrift, grösstentheils ver-
wischt: MAR..... j ALOISI . . . GAPI | TANEI MANT
] Vxor. Brustbild rechts, im Dreiviertelprofil, mit
braunen Augen und Haaren, die in eine braune
Haube gefasst sind, welche wie ein Turban auf
dem Kopfe liegt; darüber ein Schleier, der an den
beiden Seiten festgesteckt ist; das Hemd in Falten
gezogen; in braunem Kleide und schwarzem, mit
Pelz verbrämtem Oberkleide. Das alternde Gesicht
mit sehr grossen Augen, gerader spitziger Nase und
gewölbten Lippen erinnert lebhaft an die Züge
späterer Prinzessinnen des Hauses Gonzaga, wie
sie der Frauenmaler gibt. Grund braungrün. Auf
der Rückseite der Holztafel in Cursivscbrift:
Mar____J Aloysü Capit. uxor. — Katalog Nr. 546,
Primisser: »Margaretha«, v. Sacken: »Margaretha
(eigentlich Nov. Malaspina)«.
Die Art, den Schleier zu tragen, ist dieselbe
wie auf dem Bildnisse der Barbara von Branden-
burg (Nr. 46) von Mantegna; auch die Wiedergabe
der alternden Züge ist eine ähnliche. Man darf
daraus folgern, dass der Maler, welcher das Ori-
ginal des vorliegenden Bildes schuf, sich von dem Fresco des Mantegna beeinflussen Hess, wenigstens
die Mode des ausgehenden XV. Jahrhunderts auf eine Dame übertrug, die reichlich 160 Jahre früher
gestorben ist. Dies gibt uns einen Anhaltspunkt, um die Zeit zu bestimmen, in welcher die Bildnisse
der Frauen der ältesten Gonzaga entstanden sind; man wird dafür frühestens das Ende des XV. Jahr-
hunderts ansetzen dürfen; sie müssen also um jene Zeit als Ergänzung älterer Bildnisse ihrer Männer
entstanden sein. — Die Copie rührt von der Hand des Frauenmalers her.
C) Guido,
ältester Sohn des Luigi aus dessen erster Ehe, nahm an den Kämpfen seines Vaters Theil, folgte diesem in der
Würde eines Generalcapitäns und wurde 1365 Reichsvicar. Dem Bündnisse des Papstes und des Kaisers gegen
Barnabo Visconti 1362 beigetreten, sah er in dem erfolglosen mehrjährigen Kampfe sein Land bald von seinem
Feinde, bald von seinem Verbündeten (Verona) besetzt, bis ihm der Kaiser im Friedensschlüsse von Bologna
(i36g) eine Reihe seiner Besitzungen gegen die Ansprüche der Scaligeri zusprach. Guido, ein Freund des Petrarca,
starb bald nach jenem Friedensschlüsse am 22. September i36g. Er war in erster Ehe mit Agnese, '1 ochter des
1 Es ist dies ein Zeichen, dass der Name schon auf der dem Bildniss beigelegten alten Pergamentschrift nicht voll-
ständig geschrieben war.
2 Für jeden anderen Versuch, das Bildniss zu bestimmen, fehlen die Anhaltspunkte, da letzteres nicht auf einem alten
Originale beruht sondern später als Ergänzung zu dem Bildniss Luigi I. gemalt worden ist.