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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0206
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

I9I

nicht wohl vor 1519 und daher auch nicht nach dem von Vasari so sehr gerühmten Bildnisse des Car-
dinales in Bonsignore's grossem Leinwandgemälde im Refectorium von San Francesco de' Zoccolanti
gemalt sein, da ja dieses sicher mehrere Jahre vor 1509, wahrscheinlich 1504, entstanden ist.1 Das
Original unseres kleinen Gemäldes stammt etwa aus der Zeit, in welcher Sigismondo als päpstlicher
Legat Ancona verwaltete und scheint in Rom selbst entstanden zu sein.
54. Giovanni,

der jüngste Sohn des Markgrafen Federico, geboren 1474, führte von früher Jugend an das Leben eines Con-
dottiere. Schon 1495 bei der Belagerung von Novara gegen die Franzosen thätig, kämpfte er 1496 gegen die-
selben in Neapel, eilte 1502 seinem Schwager Giovanni Bentivoglio gegen Cesare Borgia zu Hilfe, trat aber 1506
als Gegner des Ersteren auf Seite des Papstes Julius IL,
erscheint 1512 als Condottiere der Sforza, als diese
Mailand wieder erhalten hatten, und 1516 als Verbün-
deter des Papstes Leo X. gegen die Franzosen, welchen
er im Val di Tinone eine Niederlage beibrachte. Da-
gegen scheint er die ihm von Papst Clemens VII. im
Jahre 1522 aufgetragene Vertreibung des Pandolfo Ma-
latesta aus Rimini lässig betrieben zu haben. In Poggio,
das er von seiner Mutter geschenkt erhalten hatte, grün-
dete er ein Majorat und Fideicommiss (1514). Dazu
erwarb er von den Gonzaga von Novellara viele Theile
des Lehens von Vescovado durch einen Kauf (1519),
welchen Kaiser Karl V. 1521 bestätigte; doch wurde die
Nachfolge auf die männlichen Erben beschränkt. Gio-
vanni starb am 23. September 1523.

Goldschrift theilweise verlöscht: IOANNES

GONzaga mARCHIO FE , DERICI MAR CHIONIS Iii |

FILIVS. Jugendliches Brustbild links, fast von vorne,

mit grossen schwarzen Augen, das dunkelblonde

Haar auf der Stirne über die Augenbrauen, an den

Seiten und im Nacken nahe bis zu den Schultern

reichend, auf dem Kopfe eine hohe schwarze Mütze

mit aufgestülpter Krampe, in schwarzem Wamms,

um den Hals ein schmaler weisser Streif des Hem-
des. Grund graubraun. Auf der Rückseite des

Holztäfelchens in Cursivschrift: Joannes Friderici

I- fil. — Katalog Nr. 564.

Die Vorlage ist wohl eines der vielen Porträte
der Familie Francesco II., welche Bonsignore von
diesem, seinen Söhnen und vielen Herren des Hofes malte. Die Zeitumstände unterstützen diese An-
nahme trefflich. Giovanni ist in unserem Bilde mit etwa 20 Lebensjahren dargestellt, das heisst im
Jahre 1494. Bonsignore, geboren 1455, gestorben 1519, wurde 1487 an den Hof von Mantua gerufen
und gewann sich durch Treue und Fleiss sehr bald die Zuneigung seines Herrn, der ihn, da er treff-
lich porträtirte, vorzüglich in dieser Richtung in Mamirolo und Mantua beschäftigte.2

Die anonymen Medaillen, welche Litta, Nr. 70 und 71, in Abbildung bringt,3 zeigen sein Bild
mit dem gleichen Haarwuchs aber in Profilwendung (rechts), aus beträchtlich späteren Jahren, da Gio-
vanni hier schon bärtig dargestellt ist.

55. Dessen Gemahlin Laura,
Tochter des Giovanni Bentivoglio, Herrn von Bologna, vermählt 1493, gestorben 1523 als Mutter von fünf Söhnen
und drei Töchtern.

1 Vasari-Milanesi V, p. 3oi, 302. Da neben dem Cardinale dessen Nichte Elconora noch als kleines Mädchen er-
scheint und da Letztere 1509 vermählt wurde, ist das Bild mehrere Jahre vorher, spätestens wohl 1504 entstanden.

2 Vasari-Milanesi V, p. 3oi.

3 Armand II, 100, Nr. 8, und III, 194A.
 
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