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Dr. Friedrich Kenner.
blonde Haar über der Stirne in kleine Löckchen geordnet, dahinter ein schwarzes Band; der übrige
Theil glatt zurückgekämmt, der Zopf in einem Kranz um das Hinterhaupt gelegt und mit den Enden
eines über die Schultern fallenden sehr feinen Schleiers umwunden. Das in Falten gelegte und mit
Krausen besetzte Hemd am Halse offen, oben mit einem weissen Schnürchen gebunden, der Leib
schwarz, das Kleid mit hohem Stehkragen, die Puffenärmeln geschlitzt und weiss unterzogen. Grund
graubraun. — Katalog Nr. 585, v. Sacken Nr. 584. — Auf Pappe aufgezogen.
Copie nach dem Originale eines unbekannten Malers, fast in vollem Lichte, sehr hell gemalt;1
es stellt Isabella etwa im 3o. Lebensjahre dar. Da das Bildniss ihres Gemahles (Nr. 73) nach ihrem
Tode gemalt wurde, scheint letzteres absichtlich als ein Gegenstück zu dem ihrigen behandelt worden
zu sein.
Sohn und Tochter des Markgrafen Cesare (Nr. 69).
75. Ferrante IL, erster Herzog von Guastalla,
geboren im Juli 1563, trat die Regierung 1575 unter Vormundschaft seiner Mutter, 157g selbstständig an, erhielt
von Spanien das Oberrichteramt in Neapel, 1576 die Würde eines Generalcapitäns von Mailand, versah 1592 auf
kurze Zeit die Stelle eines Gouverneurs in Montferrat und wurde 1599 Ritter des goldenen Vliesses.2 Am
2. Juli 1626 erhob Kaiser Ferdinand II. die Markgraf-
schaft zum Herzogthume. Ein frommer, friedliebender
Fürst, den Künsten und Wissenschaften ergeben, selbst
Dichter3 und Gelehrter, schuf er kirchliche Gründungen,
verschönerte den Palast zu Guastalla durch Bernardo
Campi und vereinigte hier die Academia degli Invaghati,
deren Vorsitz er zu führen pflegte. Nachdem er ein
halbes Jahrhundert in ungetrübtem Frieden regiert
hatte,-* wurde er durch seine Ernennung zum kaiser-
lichen Commissär für Italien (1624) in die Aufregungen
des politischen Lebens hineingezogen, zumal als bald
darauf, im Jahre 1627, nach dem Tode Vincenzo II. der
Kampf um die Nachfolge in Mantua ausbrach, in wel-
cher er, obwohl von Kaiser Ferdinand II. begünstigt,
durch Karl von Nevers auf die Seite gedrängt wurde.
Ferrante starb wenige Tage nach der Einnahme von
Mantua durch die Kaiserlichen am 5. August i63o in
dem Hofe l'Aurelia bei Guastalla, von Allen verlassen,
an der Pest und wurde in der Kapelle San Venerio in
Reggiolo, später in San Pietro in Guastalla beigesetzt.
Mit Vittoria, einer Tochter des Gianandrea Doria,
Fürsten von Melfi, schon 1581 verlobt, 1587 vermählt,5
hatte er von ihr sieben Söhne und drei Töchter; sie
war ihm im Juli 1618 im Tode vorangegangen.
Zierliche Goldschrift: DON FERRANTE GON-
ZAGA FIUVS CJE„ | SARIS GÖNZ: Brustbild links,
fast von vorne, ein schmales Gesicht mit langer
gebogener Nase, die Augen graublau, die buschigen
Brauen und das dichte kurze Haupthaar braun,
auf der Oberlippe und am Kinne blonder Bart-
flaum; in schwarzer Harnischbrust mit Hals, über
' Das Roth der Wangen ist ausgewachsen und stört den Eindruck, den die ansprechenden Gesichtszüge sonst
machen würden.
2 Im Jahre 1581 geleitete er die Kaiserin-Witwe Maria, 1599 Erzherzogin Maria von Steiermark und ihre Tochter
Margaretha, letztere als Braut des Königs Philipp III., nach Spanien.
3 Seine sehr gerühmte Dichtung »L'Enone«, eine Hirtengeschichte, blieb ungedruckt.
4 In den 55 Jahren seiner Regierung gab es nur eine Vcrurtheilung zum Tode.
5 Ein Bildniss von ihr fehlt in unserer Sammlung, da die Vermählung erst stattfand, nachdem der weitaus grösste
Theil der mantuanischen Porträte bereits nach Ambras abgegangen war.
Dr. Friedrich Kenner.
blonde Haar über der Stirne in kleine Löckchen geordnet, dahinter ein schwarzes Band; der übrige
Theil glatt zurückgekämmt, der Zopf in einem Kranz um das Hinterhaupt gelegt und mit den Enden
eines über die Schultern fallenden sehr feinen Schleiers umwunden. Das in Falten gelegte und mit
Krausen besetzte Hemd am Halse offen, oben mit einem weissen Schnürchen gebunden, der Leib
schwarz, das Kleid mit hohem Stehkragen, die Puffenärmeln geschlitzt und weiss unterzogen. Grund
graubraun. — Katalog Nr. 585, v. Sacken Nr. 584. — Auf Pappe aufgezogen.
Copie nach dem Originale eines unbekannten Malers, fast in vollem Lichte, sehr hell gemalt;1
es stellt Isabella etwa im 3o. Lebensjahre dar. Da das Bildniss ihres Gemahles (Nr. 73) nach ihrem
Tode gemalt wurde, scheint letzteres absichtlich als ein Gegenstück zu dem ihrigen behandelt worden
zu sein.
Sohn und Tochter des Markgrafen Cesare (Nr. 69).
75. Ferrante IL, erster Herzog von Guastalla,
geboren im Juli 1563, trat die Regierung 1575 unter Vormundschaft seiner Mutter, 157g selbstständig an, erhielt
von Spanien das Oberrichteramt in Neapel, 1576 die Würde eines Generalcapitäns von Mailand, versah 1592 auf
kurze Zeit die Stelle eines Gouverneurs in Montferrat und wurde 1599 Ritter des goldenen Vliesses.2 Am
2. Juli 1626 erhob Kaiser Ferdinand II. die Markgraf-
schaft zum Herzogthume. Ein frommer, friedliebender
Fürst, den Künsten und Wissenschaften ergeben, selbst
Dichter3 und Gelehrter, schuf er kirchliche Gründungen,
verschönerte den Palast zu Guastalla durch Bernardo
Campi und vereinigte hier die Academia degli Invaghati,
deren Vorsitz er zu führen pflegte. Nachdem er ein
halbes Jahrhundert in ungetrübtem Frieden regiert
hatte,-* wurde er durch seine Ernennung zum kaiser-
lichen Commissär für Italien (1624) in die Aufregungen
des politischen Lebens hineingezogen, zumal als bald
darauf, im Jahre 1627, nach dem Tode Vincenzo II. der
Kampf um die Nachfolge in Mantua ausbrach, in wel-
cher er, obwohl von Kaiser Ferdinand II. begünstigt,
durch Karl von Nevers auf die Seite gedrängt wurde.
Ferrante starb wenige Tage nach der Einnahme von
Mantua durch die Kaiserlichen am 5. August i63o in
dem Hofe l'Aurelia bei Guastalla, von Allen verlassen,
an der Pest und wurde in der Kapelle San Venerio in
Reggiolo, später in San Pietro in Guastalla beigesetzt.
Mit Vittoria, einer Tochter des Gianandrea Doria,
Fürsten von Melfi, schon 1581 verlobt, 1587 vermählt,5
hatte er von ihr sieben Söhne und drei Töchter; sie
war ihm im Juli 1618 im Tode vorangegangen.
Zierliche Goldschrift: DON FERRANTE GON-
ZAGA FIUVS CJE„ | SARIS GÖNZ: Brustbild links,
fast von vorne, ein schmales Gesicht mit langer
gebogener Nase, die Augen graublau, die buschigen
Brauen und das dichte kurze Haupthaar braun,
auf der Oberlippe und am Kinne blonder Bart-
flaum; in schwarzer Harnischbrust mit Hals, über
' Das Roth der Wangen ist ausgewachsen und stört den Eindruck, den die ansprechenden Gesichtszüge sonst
machen würden.
2 Im Jahre 1581 geleitete er die Kaiserin-Witwe Maria, 1599 Erzherzogin Maria von Steiermark und ihre Tochter
Margaretha, letztere als Braut des Königs Philipp III., nach Spanien.
3 Seine sehr gerühmte Dichtung »L'Enone«, eine Hirtengeschichte, blieb ungedruckt.
4 In den 55 Jahren seiner Regierung gab es nur eine Vcrurtheilung zum Tode.
5 Ein Bildniss von ihr fehlt in unserer Sammlung, da die Vermählung erst stattfand, nachdem der weitaus grösste
Theil der mantuanischen Porträte bereits nach Ambras abgegangen war.