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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0227
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

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Auch dieses Bild wurde für die Galerie schöner Frauen in Ruhelust copirt; Francisca war dort
mit Antonia del Balzo (oben, Nr. 79) zusammengestellt; für den Zusammenhang auch dieses Bildes mit
unserem kleinen Gemälde spricht der Umstand, dass die Goldschrift auf der Vorderseite des letzteren
unter der Darstellung in Ruhelust wiederholt wurde.1

82. Federico da Bozzolo,
so genannt von der wichtigsten seiner Herrschaften, wurde 1496 von seinem Vater zu König Karl VIII. von Frank-
reich nach Neapel gesendet, um sich im Kriegswesen auszubilden, und wurde denn auch ein trefflicher uner-
müdeter Krieger und ein stets treuer Anhänger der
Franzosen, welcher fast alle grösseren Schlachten jener
kriegerischen Zeit als Condottiere und als französischer
1 leerführer mitmachte, in der Schlacht bei Ravenna (1512)
und bei Rimini (1517) verwundet wurde und in Folge
seiner Haltung durch Confiscation — von Seite des
Königs Karl V. — seine Güter verlor, die an die Haupt-
linie fielen. In dem Kriege mit Papst Clemens VII. war
er für diesen und die Mediceer thätig, kam aber mit
seinen Truppen zu spät vor die Mauern von Rom, um
die Stadt gegen Karl von Bourbon zu vertheidigen. Er
starb in Todi im Jahre 1527. Er war mit Giovanna,
Tochter des Lodovico Orsini von Petigliano, vermählt,
welche ihm drei Söhne schenkte; diese scheinen schon
im Kindesalter gestorben zu sein, da Litta keinerlei An-
gabc über sie aufzubringen vermochte. Wohl dies ist der
Grund, dass sowohl Giovanna als die ebengenannten drei
Söhne in unserer Bilderreihe fehlen.

Goldschrift: FEDERICVS GONZAGA MARCHIO
OANjNIS FRANCISCI FILIVS. Brustbild links, den Kopf
etwas zur Rechten geneigt, im Dreiviertelprofile,
unbärtig, mit tiefliegenden braunen Augen und ge-
bogener Nase, das kurze braune, schon ergrauende
Haupthaar von einer scharlachrothen runden Haube
mit aufgestellter Krempe bedeckt, in dunkel rosa-
rothem Oberkleide, dessen Rand an der Brust mit
Gold gefasst ist; der kurze Kragen und die Ver-
brämung der Unterärmel aus Hermelin. In der Rech-
ten, von der nur der Zeigefinger sichtbar ist, einen
Brief. Grund dunkelgrün. Auf der Rückseite des

Holztäfelchens in Cursivschrift: Fridericus Gon%. Ioannis Franc. \ fil. D. Bo^oli. — Katalog Nr. 592.

Da der ältere Bruder unseres Federico, Lodovico (Nr. 80), frühestens im Jahre 1480 geboren war,
kann das Geburtsjahr des hier in Rede stehenden Markgrafen nur nach diesem Jahre, frühestens 1481
fallen. Nehmen wir sein Alter, wie es in unserem Bilde erscheint, mit 40 bis 43 Jahren an, so würde
das Original desselben um das Jahr 1521 bis 1524 entstanden sein. Vasari erzählt von Sebastiano del
Piombo:2 »egli ritrasse ancora il signor Federigo da Bozzolo«, und zwar in einem Zusammenhange,
welcher die Entstehung dieses Porträts um die Zeit der Erwählung des Papstes Clemens VII., die in
dem Jahre 1523 stattfand, wahrscheinlich macht.3 Das Gemälde des Sebastiano ist verschollen, daher

Nr.

1 Hainhofer, a. a. 0., p. 52. Er liest die Aufschrift wohl aus demselben Grunde, aus welchem er auch jene von
Nr 79 falsch ergänzte, unrichtig so: »Francisca Lisca« (statt Flisca) und »Ioannis Aloisij Bavariae comitis filia« (statt
Ioannis Aloisii Lavaniae comitis filia).

2 Vasari-Milanesi V, p. 574- — Auch Vasari selbst malte ihn (VIII, p. 129).

3 Die Aufzählung der Werke des Sebastiano unterbricht Vasari an der gedachten Stelle, um von den Bestellungen,
die Papst Hadrian VI. und sein Cardinal durch einen Landsmann, einen Niederländer, ausführen Hess, zu berichten, und
fährt erst dann fort, weitere Arbeiten des Sebastiano, darunter zunächst das Bildniss des Federico von Bozzolo, zu nennen.
Papst Hadrian starb 1523; ihm folgte Clemens VII. Ich glaube, diese Aufeinanderfolge der Notizen in dem Werke des

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