266
Dr. Friedrich Kenner.
174. Margaretha,
Tochter des Königs Karl (V.) und der Margaretha Vangcst, geboren 28. December 1522 in Olidenarde, in erster
Ehe vermählt am 2g. Februar 1536 mit Alessandro Medici, Sohn des Cosimo I. von Florenz; Witwe seit 6. Jänner
1537, schloss sie am 12. October 1538 eine zweite Ehe mit Ottavio Farnese von Parma, dessen Rechte sie in dem
nach Pierluigi's Tode entstandenen Kampfe um Parma und Piacenza kräftig vertrat. Im Jahre 1559 von König
Philipp II. zur Statthalterin der Niederlande ernannt,
wusste sie sich durch Klugheit und Mässigung in den
schwierigsten Lagen sieben Jahre zu behaupten, selbst
als in Folge strengerer Befehle aus Spanien die Auf-
regung 1566 in hellen Flammen aufloderte, bis die An-
kunft Alba's, der mit grösseren Vollmachten ausgestattet
war und andere Ansichten als sie hegte sie bestimmte,
den König um ihre Enthebung zu bitten (1567). Von
Piacenza begab sie sich 1570 nach Aquila, um von dort
und Ortona aus sowohl die ihr von Philipp II. anver-
traute Grafschaft (Aquila) als auch die farnesischen
Güter in den Abruzzen zu verwalten, Hess sich aber
1580 von Letzterem und Papst Gregor XIII. bewegen,
abermals die Statthalterschaft der Niederlande zu über-
nehmen, die sie an der Seite ihres Sohnes Alessandro
noch drei Jahre führte. Nachdem sie 1583 die Er-
nennung des Letzteren zum alleinigen Generalstatthalter
erlangt hatte, kehrte sie in die Abruzzen, die sie allen
anderen Gegenden vorzog, zurück, erbaute in Ortona
1584 einen Palast1 und starb, dort wie in den Nieder-
landen ein gesegnetes Andenken zurücklassend, am
23. Jänner 1586; sie wurde nach ihrem letzten Willen in
San Sisto in Piacenza beigesetzt.2
Kleine Silberschrift: MARGARETA : DVC :
PARME. Brustbild rechts, im Dreiviertelprofil, mit
braungrauen Augen, röthlichem, kurz gelocktem
Haupthaare, das Häubchen mit Perlen und rothen
Steinen geziert, das Gesicht voll und kurz, die
Nase klein, die Unterlippe vorragend, das Kinn
stark zurücktretend, in ausgeschnittenem, helllila-
farbigem Kleide mit Spitzen am Brustsaume, dar-
über ein schwarzes Oberkleid, ohne allen Schmuck. Grund braun. — Katalog Nr. 543.
Die Herzogin ist hier mit 20 — 25 Lebensjahren, also zwischen 1543 und 1548, noch vor der
ersten Statthalterschaft in den Niederlanden, dargestellt. Derlei Bildnisse aus ihrer Jugend sind selten;
soweit ihrer bekannt, ist das älteste jenes, welches Litta in den Kanzleien des Constantinsordens in
Parma traf; sie trägt schwarzes Kleid und wird in der Aufschrift nur als D'(ucissa) DI FIOR'(enza) be-
zeichnet, ist also während der ersten kurzen Ehe im Jahre 1536 oder 1537 dargestellt, und zwar ganz
verschieden von unserem Bilde.3 Auch in Parma befand sich ein Bild aus dieser Zeit, mit weissem
1 Die Medaillensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses verwahrt unter Anderem die Schlussstein-Medaille, welche
durch ein Erdbeben bei einem der Eckpfeiler in diesem Palaste zum Vorschein kam und 1885 Seiner Majestät dem Kaiser
Franz Josef zu Füssen gelegt wurde. Die Vorderseite ist die der 34 Millimeter haltenden Medaille von Jakob Jonghelinck,
im Armabschnitt vertieft: AET 45 (das ist 1567, vgl. Armand I, p. 239, Nr. 11). Die Rückseite ist für die specielle Ver-
wendung gearbeitet und enthält in neun Zeilen die Inschrift: diva j • margarita [ ab • Austria • | Caroli • V • caes • | filia ' p° ■ gen •
ha | s aedes • erexit • | anno • aetatis | • 61 • 1584 • | Martii.
2 Das von ihr selbst bestellte Grabmal, für welches sie 50.000 Scudi aussetzte, blieb unvollendet, indem zwar der
Sculpturenschmuck vollendet wurde, Bildniss und Inschrift aber noch heute fehlen. Abgebildet bei Marquardt-Herrgott,
Taphographia I, tav. LV, Text II, p. 334, und bei Litta, Farnesi duchi di Parma. Ein zweites Denkmal mit Bildniss und
Inschrift errichteten ihr die Benedictiner von San Sisto, deren Kloster sie ihren Hausrath und niederländische Arazzi, die
nach den Cartonen von Raffael gearbeitet waren, vermachte. In der Inschrift wird sie genannt: »majonbus • viro • et • so-
bole • felcissimae .« und: »rarissimi • exempli • foeminae ■ rebusque ■ in • Belgio • gestis . insigni«.
3 Farbig bei Litta (Farnesi) in der Grösse des Originales, 11-5 zu 14-5 Centimeter, und von ihm wohl mit Recht
für die Copie eines grösseren, in Florenz entstandenen Originales gehalten.
Dr. Friedrich Kenner.
174. Margaretha,
Tochter des Königs Karl (V.) und der Margaretha Vangcst, geboren 28. December 1522 in Olidenarde, in erster
Ehe vermählt am 2g. Februar 1536 mit Alessandro Medici, Sohn des Cosimo I. von Florenz; Witwe seit 6. Jänner
1537, schloss sie am 12. October 1538 eine zweite Ehe mit Ottavio Farnese von Parma, dessen Rechte sie in dem
nach Pierluigi's Tode entstandenen Kampfe um Parma und Piacenza kräftig vertrat. Im Jahre 1559 von König
Philipp II. zur Statthalterin der Niederlande ernannt,
wusste sie sich durch Klugheit und Mässigung in den
schwierigsten Lagen sieben Jahre zu behaupten, selbst
als in Folge strengerer Befehle aus Spanien die Auf-
regung 1566 in hellen Flammen aufloderte, bis die An-
kunft Alba's, der mit grösseren Vollmachten ausgestattet
war und andere Ansichten als sie hegte sie bestimmte,
den König um ihre Enthebung zu bitten (1567). Von
Piacenza begab sie sich 1570 nach Aquila, um von dort
und Ortona aus sowohl die ihr von Philipp II. anver-
traute Grafschaft (Aquila) als auch die farnesischen
Güter in den Abruzzen zu verwalten, Hess sich aber
1580 von Letzterem und Papst Gregor XIII. bewegen,
abermals die Statthalterschaft der Niederlande zu über-
nehmen, die sie an der Seite ihres Sohnes Alessandro
noch drei Jahre führte. Nachdem sie 1583 die Er-
nennung des Letzteren zum alleinigen Generalstatthalter
erlangt hatte, kehrte sie in die Abruzzen, die sie allen
anderen Gegenden vorzog, zurück, erbaute in Ortona
1584 einen Palast1 und starb, dort wie in den Nieder-
landen ein gesegnetes Andenken zurücklassend, am
23. Jänner 1586; sie wurde nach ihrem letzten Willen in
San Sisto in Piacenza beigesetzt.2
Kleine Silberschrift: MARGARETA : DVC :
PARME. Brustbild rechts, im Dreiviertelprofil, mit
braungrauen Augen, röthlichem, kurz gelocktem
Haupthaare, das Häubchen mit Perlen und rothen
Steinen geziert, das Gesicht voll und kurz, die
Nase klein, die Unterlippe vorragend, das Kinn
stark zurücktretend, in ausgeschnittenem, helllila-
farbigem Kleide mit Spitzen am Brustsaume, dar-
über ein schwarzes Oberkleid, ohne allen Schmuck. Grund braun. — Katalog Nr. 543.
Die Herzogin ist hier mit 20 — 25 Lebensjahren, also zwischen 1543 und 1548, noch vor der
ersten Statthalterschaft in den Niederlanden, dargestellt. Derlei Bildnisse aus ihrer Jugend sind selten;
soweit ihrer bekannt, ist das älteste jenes, welches Litta in den Kanzleien des Constantinsordens in
Parma traf; sie trägt schwarzes Kleid und wird in der Aufschrift nur als D'(ucissa) DI FIOR'(enza) be-
zeichnet, ist also während der ersten kurzen Ehe im Jahre 1536 oder 1537 dargestellt, und zwar ganz
verschieden von unserem Bilde.3 Auch in Parma befand sich ein Bild aus dieser Zeit, mit weissem
1 Die Medaillensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses verwahrt unter Anderem die Schlussstein-Medaille, welche
durch ein Erdbeben bei einem der Eckpfeiler in diesem Palaste zum Vorschein kam und 1885 Seiner Majestät dem Kaiser
Franz Josef zu Füssen gelegt wurde. Die Vorderseite ist die der 34 Millimeter haltenden Medaille von Jakob Jonghelinck,
im Armabschnitt vertieft: AET 45 (das ist 1567, vgl. Armand I, p. 239, Nr. 11). Die Rückseite ist für die specielle Ver-
wendung gearbeitet und enthält in neun Zeilen die Inschrift: diva j • margarita [ ab • Austria • | Caroli • V • caes • | filia ' p° ■ gen •
ha | s aedes • erexit • | anno • aetatis | • 61 • 1584 • | Martii.
2 Das von ihr selbst bestellte Grabmal, für welches sie 50.000 Scudi aussetzte, blieb unvollendet, indem zwar der
Sculpturenschmuck vollendet wurde, Bildniss und Inschrift aber noch heute fehlen. Abgebildet bei Marquardt-Herrgott,
Taphographia I, tav. LV, Text II, p. 334, und bei Litta, Farnesi duchi di Parma. Ein zweites Denkmal mit Bildniss und
Inschrift errichteten ihr die Benedictiner von San Sisto, deren Kloster sie ihren Hausrath und niederländische Arazzi, die
nach den Cartonen von Raffael gearbeitet waren, vermachte. In der Inschrift wird sie genannt: »majonbus • viro • et • so-
bole • felcissimae .« und: »rarissimi • exempli • foeminae ■ rebusque ■ in • Belgio • gestis . insigni«.
3 Farbig bei Litta (Farnesi) in der Grösse des Originales, 11-5 zu 14-5 Centimeter, und von ihm wohl mit Recht
für die Copie eines grösseren, in Florenz entstandenen Originales gehalten.