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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0293
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Dr. Friedrich Kenner. Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

Die Aufschrift sagt nur aus, dass die Dargestellte die Tochter eines Herzogs von Urbino war.
Um ihren Namen zu finden, müssen wir beachten, dass das vorliegende Bild ursprünglich gar nicht
zu der kleinen Reihe urbinatischer Porträte gehörte; denn diese schliesst überhaupt Bilder der Frauen
des Hauses aus. Auch sind sie alle gleichmässig von demselben Copisten als Kniestücke und auf
Kupferplatten gemalt, welche das vorgeschriebene Format an Grösse übertreffen, während unser
fragliches Bildniss das letztere einhält, auf Papier, und zwar von einem Copisten gewöhnlicher Sorte
gemalt ist; daraus folgt, dass es ursprünglich den Bestandtheil einer anderen Reihe gebildet, also
die Fürstin zur Zeit der Aufnahme des Originales durch Heirat schon einem anderen Hause angehört
hat. Es handelt sich also um eine gebürtige Prinzessin von Urbino, welche 1580 schon verheiratet
und damals etwa 3o Jahre alt war; denn sie erscheint in unserem Bilde keineswegs mehr in der ersten
Blüthe und muss nach dem Costüme und schon im Allgemeinen nach dem Zeitpunkte, in welchem die
Copien unserer Sammlung entstanden sind, um das genannte Jahr porträtirt worden sein. Nach den
genealogischen Verhältnissen des Hauses Montefeltro-Urbino kann sie nur eine Tochter des Herzogs
Guidubaldo II. (Nr. 17g) sein, der im Jahre 1534 die erste, im Jahre 1548 die zweite Ehe schloss.
Aus der ersten Ehe ging im Jahre 1544 (17. September) eine Tochter Virginia hervor, welche am
5. Mai 1560 mit Conte Federigo Borromeo, der nicht lange darauf starb, in zweiter Ehe mit Fer-
dinando Orsini, Duca di Gravina, vermählt wurde. Sie selbst schied im Februar 1571 aus dem Leben.
Zur Zeit ihrer ersten Vermählung wurde Taddeo Zucchero nach Urbino berufen, um ihr Bildniss zu
malen.' Damals zählte sie erst 16, bei ihrem Tode erst 27 Jahre; der Vergleich mit unserem Bilde
lässt sofort erkennen, dass sich weder das Alter noch das Costüm unseres Bildes mit dem genannten

Gemälde wie überhaupt mit den Lebensdaten dieser Fürstin vereinigen lassen. _ Aus der zweiten

Ehe Guidubaldo II. stammen zwei Töchter, Isabella, vermählt 1565 mit Niccolö Bernardino di San
Severino, gestorben 6. Juli 1619, und Lavinia, geboren 1559, vermählt 3. Juni 1583 mit Don Alfonso
Feiice, Sohn des Don Ferrante d'Avalos von Aquino. Die Letztere war also um 1580 noch unvermählt
und erst 21 Jahre alt, kommt daher für unseren Fall auch nicht in Betracht. Dagegen hat es die grösste
Wahrscheinlichkeit für sich, dass sich das vorliegende Bild auf Isabella bezieht, deren Geburt, da sie
1565 heiratete, spätestens um 1549 oder 1550 angesetzt werden darf. Sie war also um 1580 3o Jahre
alt, damals noch am Leben und schon verheiratet.

■ Vasari-Milanesi VII, p. 90.

Bildnissmedaille der Markgräfin Isabella von Este
in der Originalfassung (vgl. oben S. 189, Note 4).
 
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