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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Der Mömpelgartner Flügelaltar des Hans Leonhard Schäufelein und der Meister von Messkirch
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0409
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366

Heinrich Modern.

Ehe auf die Würdigung der künstleri-
schen Bedeutung der übrigen Bilder Schäufe-
lein's aus dieser Periode eingegangen wird, ist
ein bisher unbeachteter Umstand hervorzu-
heben, der für den weiteren Lebenslauf Schäufe-
lein's von grosser Bedeutung wurde. Zwischen
Ahausen und Nördlingen liegt Oeningen, der
Stammsitz und die Residenz eines alten souve-
ränen, heute gefürsteten Grafengeschlechtes.1
Die Grafen von Oeningen lernten in Folge ihres
benachbarten Stammsitzes zweifellos Schäufe-
lein's grosses Altarwerk in Ahausen kennen.
Vom Zeitpunkte der Uebersiedlung Schäufelein's
nach Nördlingen bis zu seinem Tode entstand
eine ganze Reihe von Kunstwerken im Dienste
dieser Familie. Die Grafen Joachim und Wolf-
gang der Schöne, Häupter der Linien Oettingen-
Oettingen und Oettingen-Wallerstein, Brüder-
söhne, welche in grosser Eintracht lebten und
gemeinschaftlich Münzen schlugen, beschäftigen
Schäufelein für ihre Klosterbesitzungen. Aus
dem Kloster Kirchheim Wolfgang des Schönen
stammen die vier Heiligenfiguren im Germani-
schen Museum zu Nürnberg (Katalog Nr. 227 und
228). Sie bildeten die Flügel eines Altars, dessen
Mittelbild verschollen ist, und kamen aus der Oettingen-Wallerstein'schen Sammlung dahin. Die oben
erwähnten drei Altarwerke aus Christgarten, Maihingen und Hohlheim gehörten gleichfalls Oettingen-
schem Gebiete an.2 Dass das Altarwerk des Christgartner Karthäuserklosters auf eine Oettingen'sche

Fig. 8. Graf Karl Wolfgang zu Oettingen.

1 Zur besseren Ucbersicht der in Frage kommenden Familienglieder geben wir einen Stammbaum nach J. J. H. Strelin,
Genealogische Geschichte der Grafen von Oettingen, Nördlingen, Beck, 1799:

Friedrich III., f 23. Jänner 1423.
I. Gem. Elisabeth von Badave.
II. Gem. Euphemia Herzogin von Münsterberg, f 1447.

Johann der Ernsthafte, f 10. Mai 1449.
Margarethe Gräfin zu Görz.

Ludwig XIV., f 21. März i486.

I. Gemahlin

Eva von Schwarzenburg.

II. Gemahlin
Veronica Gräfin von Sonnenberg.

Ulrich, f 28. April 1477.
Barbara von Cunstett.

Wilhelm, f i3. April 1467.
Beatrix della Scala, f 14. Februar 1466.

Joachim, f 1520.
Dorothea von Anhalt.

Martin, 11. November 1500,
f 18. August 1549.

Anna Landgräfin
von Leuchtenberg,
f 22. October 1555.

Wolfgang der Schöne 1456,

f 9. Jänner 1522.
Anna Truchsess von Wald-
burg, f 28. Juli 1507.

Margarethe,

t 1528.
Wernher Freiherr
von Zimmern.

Euphrosyne.

Karl Wolfgang,
res. zu Harburg,
f 1. October 1549.
Elisabeth
Landgräfin
von Leuchtenberg.

Ludwig XV. zu Oettingen,

Stammvater
des blühenden Hauses,

t 1557-
Salome
Gräfin von Hohenzollern.

Im Jahre 1500 theilen Wolfgang der Schöne und sein Vetter Joachim nach Ludwig XIV. die Klöster Kirchheim, Maihingen,
Christgarten und die Commenden Oettingen und Erdlingen. Hievon erhielt Joachim Maihingen und Erdlingen, Wolfgang
Christgarten, Kirchheim und Oettingen; vgl. Strelin, a. a. O. Das Todesjahr der Margarethe Freifrau von Zimmern, das
Strelin irrthümlich mit 1500 angibt, wurde nach den genauen Angaben der Zimmerischen Chronik richtig gestellt.

= Maihingen war eine Oettingen'sche Stiftung Johannes des Ernsthaften aus dem Jahre 1405; die Erbauung des
Klosters begann 1437; vgl. Strelin, a. a. O. — Das Karthäuserkloster Christgarten wurde ebenfalls von den Grafen von
 
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