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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Der Mömpelgartner Flügelaltar des Hans Leonhard Schäufelein und der Meister von Messkirch
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0414
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Der Mompelgarter Flügelaltar des Hans Leonhard Schäufelein und der Meister von Messkirch.

37I

deutschem Plutarch« vom Jahre 1534 finden sich vier neue Holzschnitte. Für die »lieblich auch kurz-
weilig gedichte Lucii Apuley von einem goldenen esel«, bei Alexander Weissenborn 1538 in Augs-
burggedruckt, liefert Schäufelein 41 künstlerisch frei, breit und stofflich keusch behandelte Holzschnitte.1
Das 1541 bei Steiner erschienene »Historibuch von den führnehmlichsten weibern« Boccacios enthält
noch einige, erst nach dem Tode des Künstlers gedruckte Holzschnitte. Sind Schäufelein's Holz-
schnitte für den »goldenen Esel« und für das »Memorial der Tugend« auch hervorragende Leistungen,
so treten sie doch ganz in den Hintergrund
gegenüber den Einzelblättern des Künstlers
aus dieser Zeit, zu denen auch der sogenannte
»Hochzeitstanz« zu zählen ist. Die Einzel-
blätter, die Schäufelein für den Holzstock ge-
zeichnet hat, sind in ihrer weitaus überwie-
genden Mehrzahl nicht datirt. Die schwierige
Arbeit, sie chronologisch zu ordnen, ist bisher
kaum versucht worden.2 Die Einreihung der
Einzelblätter in das Lebenswerk des Künstlers
kann nur durch kritische Vergleichung der-
selben mit seiner malerischen und der zeitlich
feststehenden Thätigkeit als Bücherillustrator
gefunden werden. Die Schwierigkeit dieser
Arbeit vermehrt, dass Schäufelein's Einzel-
blätter, auch sehr hervorragende, häufig von
ganz untergeordneten Formschneidern entstellt
wurden. Als feste Punkte ergeben sich aber
gerade für diese Periode: »Der Schmerzens-
mann« (B.41), der um dieselbe Zeit wie das
Nördlinger Bild (1522) entstanden sein wird,
an dessen hoheitsvollen Christus der Holz-
schnitt erinnert; »Die Hochzeitstänzer« (21
Blatt, B. io3 und 96), die Andresen in der
Vorrede zum Neudrucke dieser Suite zutreffend
in das Jahr 1530 gesetzt hat, und die »Ge-
schichte der Susanna« (P. i36, Derschau II, 33),
die vom Künstler selbst über einem Thurm-
thore mit 1536 datirt ist. In diesen Rahmen
fügen sich: »Christus und die Samariterin am

Brunnen« (B. 18, Derschau II, 36); »Maria, das auf dem Schoosse der heil. Anna sitzende Kind an-
betend« (B. 12); die schon erwähnte »Schlacht von Bethulien« (B. 137, Derschau II, 34); »die Auf-
erweckung des Lazarus« (B. 17, Derschau II, E 7); »das grosse Abendmahl« (B. 26, Derschau I, E 4);
»die Verkündigung« (B. 6); »die heil. Veronica in der Nische« (B. 40); »die Geschichte der Esther«
(P. 135, Derschau II, 32); »Lot mit seinen Töchtern« (B. 4); »Pyramus und Thisbe« (B.95); »die Pro-
menade« (B. 97). Auf eine eingehende Besprechung dieser grossen künstlerischen Leistungen kann hier
nicht eingegangen werden. Grosse Anordnung und Linienführung, majestätische Figuren mit aus-
drucksvollen Charakterköpfen, originelle, von der Schablone abweichende Compositionen, stilvolle

Fig. 11. Christus am Oelberge.

' Letzteres soll deshalb hervorgehoben werden, weil es für Schäufelein sehr charakteristisch ist. So bedeutend die
Tendenz, so poetisch einzelne Episoden dieses Romanes aus Hadrians Zeit sind, so lasciv und schamlos sind die Schil-
derungen desselben.

2 Auch hier hat Muther (Studien, S. 172) die Bahn eröffnet und für diese Zeit eine Reihe von Einzelblättern zu-
sammengestellt.

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