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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Der Mömpelgartner Flügelaltar des Hans Leonhard Schäufelein und der Meister von Messkirch
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0425
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382

Heinrich Modern.

viel häufiger im Mömpelgarter Flügelaltare als im Oettinger Miniaturenbuche findet. Erstaunlich arm
ist Schäufelein an ornamentalen Motiven. Wir finden wie im Mömpelgarter Flügelaltare die Um-
rahmung von Cartouchen mit monotonen Blattornamenten. Die Quasten, die auf jedem Bilde des
Mömpelgarter Flügelaltars baumeln, kommen auf 76 Blättern des Oettinger Gebetbuches vor, ebenso
die Tafeln mit den Evangeliencitaten, hier aber nicht weisse sondern farbige mit goldenen Buchstaben.
Wirkliche Renaissanceornamente zählen zu den Seltenheiten. Pflanzen und Blumen sind naturalistisch
behandelt.

Schäufelein steht bei der Composition mancher ornamentaler Randleisten unter dem Einflüsse
der Passepartouts von »Devotissime meditationes de vita, beneficiis et passione salvatoris Jesu Christi
cum gratiarum actione« (Augsburg 1520, Grimm und Wyrsung),1 die mit gutem Grunde von A. F.
Butsch und Dr. Georg Hirth dem Hans Burgkmair zugeschrieben wurden. Diese originellen Motive,
»die an die Behandlungsweise der Japaner erinnern«, werden öfter, doch nicht immer mit gutem Ge-
lingen nachgeahmt. Uebrigens dürfte Schäufelein für die Ausführung der im Colorite vielfach bunten
und unharmonischen ornamentalen Umrahmungen Schülerhände in Thätigkeit gesetzt haben.

Das Oettinger Gebetbuch bezeugt, dass auch Schäufelein in seinen reiferen Jahren das Land der
Sehnsucht aller Künstler betreten durfte. Der Einfluss dieser Italienfahrt muss auch in anderen Werken
seiner letzten Schaffensperiode zur Erscheinung kommen.

Das hochangesehene, mächtige und reiche Geschlecht der Grafen von Zimmern, die im heutigen
Württemberg und Baden unter anderen die Herrschaften Wildenstein, Zimmern und Messkirch be-
sassen, Hessen in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts durch einen hervorragenden Meister für die
Kirchen und Schlosskapellen ihrer Besitzungen eine Reihe von Andachtsbildern malen, die zum
grössten Theile heute die vornehmste Zierde der fürstlich Fürstenberg'schen Galerie zu Donau-
eschingen ausmachen, zum Theile in die Galerien von Berlin und Karlsruhe und in Privatbesitz über-
gegangen sind. Nur ein Bild prangt noch in der Kirche, für die es bestellt und gemalt wurde. Die
»Anbetung der heiligen drei Könige« ist noch heute in der Pfarrkirche zu Messkirch, wenn auch die
alte, zu Beginn des XVI. Jahrhunderts gebaute Kirche durch einen Barockbau aus der zweiten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts ersetzt wurde. Von diesem Gemälde in Messkirch stammt die Bezeichnung, die

Fig. 24. Der Ritter und die Versuchung.

IV. Die Bilder des »Meisters von Messkirch«.

1 Kacsimile-Reproduction in der Liebhaberbibliothek alter Illustratoren XI, München, Hirth, 1887.
 
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