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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Kallab, Wolfgang: Die toskanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0032
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Die toscanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung.

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Die byzantinische Architekturmalerei würde die Aufmerksamkeit kaum verdienen, die wir ihr ge-
schenkt haben, wenn sie nicht für die Ueberlieferung der antiken Linearperspective das wichtigste Mittel-
glied zwischen der spätrömischen und italienischen Kunst bildete. Trotz des Verfalles der Darstellungs-
mittel erhält sich in ihr eine dunkle Vorstellung von Raumverhältnissen. Vorder- und Hintergrund
sind klar geschieden; die Personen stehen auf einem besonderen Bodenstreifen vor der Architektur.1

Fig. 14. Mosaik aus der Mone tes Choras in Constantinopel.

Deutlich erkennbar ist ferner das Streben, den Raum nach der Tiefe abzuschliessen. Reichen dazu
die einzelnen Gebäude nicht aus, so werden sie durch Mauern verbunden, so dass die dargestellten
Begebenheiten sich in Höfen abspielen.2 Allerdings lässt die Gliederung des Raumes nach der Tiefe
zu Alles zu wünschen übrig. Die Linearperspective geht nicht vollständig verloren; mit gewissen archi-
tektonischen Formen werden auch Verkürzungen weiter überliefert, für deren Bedeutung freilich das
Verständnis abhanden gekommen ist. Verkürzte Glieder werden durch eine gerade Bodenlinie abge-
schnitten; der Unterbau von Häusern, deren obere Stockwerke in einer Flucht verlaufen, bildet Ecken;
Säulenpaare, die einer Facade angehören, entspringen in verschiedener Tiefe. An den Verkürzungen
behauptet sich die Aufsicht, die auch die Landschaft beherrscht. Sie ist am auffallendsten an jenen
Gebäuden mit den mächtigen Thüren, findet sich aber auch an den Dachlinien der typischen Häuser.3 Der
Horizont wird zuweilen durch die Senkung der höherliegenden horizontalen Geraden beobachtet;

1 Homilien des Mönches Jacobus, Paris, Bibl. nat.: Byzant. Zeitschrift IV, S. 109 ff.

2 Harleiana Nr. 1810: Westwood, Paläographia sacra pictoria, Nr. 5; Psalter Pantokrator (Athos), Nr. 49, fol. 80':
Bull, de Corr. Hell. XVIII (1894), pl. XV; Verkündigung, Mosaikbild: Abb. bei Bayet, L'art byzantine, p. 151; Vatican. Meno-
logium: d'Agincourt, pl. 3i, i3; 33, 2 etc. Vgl. unsere Taf. I und IV.

3 Vgl. unsere Taf. IV.

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