Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

DOI issue:
I. Theil: Abhandlungen
DOI article:
Kallab, Wolfgang: Die toskanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0047
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
42

Wolfgang Kailab.

einem Binnensee eingeengt, der Hafen im Vordergrunde ist in verkleinertem Maassstabe gehalten und
sticht sonderbar gegen die hohen Wellen und den riesenhaften Kahn ab, der sich auf ihnen
schaukelt.

Auf Giottos architektonischen Hintergründen ist das mittelalterliche Formenwesen noch mächtig.
Auf den Fresken der Arena (Padua) kommt die Architektur nicht über unbehilfliche' Andeutungen
hinaus und selten schliessen sich die Gebäude zu einem fortlaufenden Prospecte zusammen. Theile,
wie die Apsis einer Kirche, werden für das Ganze gesetzt; zweimal muss die Einrichtung der Kirche
innerhalb der Chorschranken das Schiff der Kirche vorstellen (Ausweisung Joachims, Tempelgang der

Maria). Von den Häu-
sern wird nur der Por-
ticus (Judas' Verrath,
Heimsuchung), von der
Stadt nur das Thor
sichtbar (Joachim und
Anna, Einzug in Jerusa-
lem,Kreuztragung); nur
ausnahmsweise blickt
man durch den Thor-
bogen in die Strasse.
Um wieviel lebendiger
hatte Duccio derglei-
chen dargestellt! Am
dürftigsten sind die
Innenräume bedacht.
Meist fehlen die Wände
auf zwei Seiten und sind
durch eine Reihe von
Arcaden oder dünne
Balken ersetzt; zuweilen
fehlt die Decke über-
haupt (Hochzeit zu Ka-
na). Die Stuben sind in
der Arena wie in der
Capella Bardi (Santa
Croce zu Florenz) so
seicht, dass die Menge

der darin auftretenden Personen unmöglich Raum finden kann. Auf dem einzigen etwas realisti-
scher behandelten Innenraume (Geburt der Maria in der Arena) ist das Dach beibehalten. Ganz selten
sind Erinnerungen an wirkliche Bauten, wie die sonderbare Moschee mit Zwiebelkuppeln auf der Er-
weckung der Drusiana (Capella Peruzzi zu Florenz, Santa Croce), wo San Marco in Venedig oder
San Antonio zu Padua dem Maler vorgeschwebt haben mag.

Die Schüler Giottos konnten aus seinen architektonischen Hintergründen wenig Anregungen
schöpfen; sie lehnen sich theils an ältere Vorbilder an, theils wagen sie selbständige Darstellungen.
Die sonderbaren Gebäude auf der »Lossagung des Franciscus« (San Francesco zu Assisi, Oberkirche)
und den Fresken aus dem Leben des heil. Nicolaus (ebenda, Unterkirche),1 die aus schmalen hohen
Kästen mit Plattformen und weitausladenden Baldachinen bestehen, gehen auf verwandte Gebilde

Fig. 26. Ambrogio Lorenzetti, Meereslandschaft in Florenz, Akademie.
(Nach Photographie von Alinari.)

1 Thode, a. a. O., S. 261 ff. Der Künstler scheint aus der Schule der Meister hervorgegangen zu sein, die in der
Oberkirche die Legende des heil. Franciscus malten.
 
Annotationen