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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Kallab, Wolfgang: Die toskanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0079
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74

Wolfgang Kailab.

Fig. 41. Fiorenzo di Lorenzo, Aus den »Wundern
des heil. Bernhard«. Perugia, Stadtgallerie.
(Nach Photographie von Alinari.)

Einschnitt, auf den die Coulissen folgen, welche
gegen die Ränder ansteigen. In dem linken Thale
an Stelle der Stadt das Zeltlager; sogar der mäch-
tige, die Ferne überschneidende Baum ist an dem
gleichen Orte herübergenommen. Die Zusammen-
fügung ist aber viel ungeschickter. Am besten sind
die Seitentheile gerathen, die denen auf der »Berg-
predigt« auffallend ähneln. Der Berg Sinai in der
Mitte des Bildes dagegen stört die ganze Composi-
tion und Raumentwicklung, die durch das »Loch«
mit dem auch im Colorit und in der Luftperspective
rohen Ausblick auf das Meer vollends zernichtet
wird. An dieser Stelle fallen Vordergrund und Ferne
in der Perspective auseinander; denn der Hori-
zont des Vordergrundes, der durch die verkürzten
Kanten des Altars mit dem goldenen Kalbe (aller-
dings nicht ganz correct) angegeben wird, liegt fast
um Mannshöhe tiefer als der des Meeres. Ulmann 1
hat die Vermuthung ausgesprochen, dass Piero di
Cosimo sowohl die Landschaft des eben besproche-
nen Frescos als auch die des »Unterganges im rothen
Meere« gemalt habe. In dieser Form wird sie sich
nicht halten lassen. Denn betrachtet man die Einzel-
heiten, so ergibt sich, dass an beiden verschiedene
Hände thätig waren. Der Baumschlag auf dem
Mittelstück der »Israeliten vor Sinai« ist in Gruppen
von breit hingestrichenen kugelrunden Sträussen
aufgelöst, die sich in dieser Form bei Piero nicht
vorfinden und auch auf den Seitentheilen desselben
Frescos, die sich mit denen auf der »Bergpredigt«
decken, fehlen. Sie kehren aber auf den drei kleinen
Landschaften, auf dem »Abendmahl« und auf der
linken Seite des »Durchganges« wieder, wo auch
zuweilen die runden Büschel auf besondere Zweige
gesetzt sind. An denselben Stellen kommen auch
die aus verticalen Platten zusammengesetzten, etwas
ausgekehlten Felsen mit schmalen langen Lichtern
wieder, die Piero ebenfalls nicht hat. Dass Piero
auch an der Landschaft des »Unterganges« betheiligt
war, beweist ein kleines Detail: die Bildung der
Wellen mit ihren kreisförmigen, schäumenden Zun-
gen, die er noch auf der Landschaft eines späten
Bildes »Perseus und Andromeda« (Uffizien, Nr. i3i2)
beibehalten hat.

Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass
an der Ausführung der beiden genannten Land-

1 Jahrbuch der kgl. preuss. Kunstsammlungen XVII (1896),
S. 54. Ebenso Knapp, Piero di Cosimo, Halle 1898, S. 18—22.
 
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