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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0135
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i3o

Hermann Julius Hermann.

Von einheimisch ferraresischen Miniatoren dieser Zeit erscheint auch Guglielmo Capello im
Dienste des Marchese, für den er 1426 eine Handschrift des Dittamondo des Fazio degli Uberti aus-
führte. Trotzdem er »egregius magister«1 genannt wird, dürfen wir uns wohl keine zu hohe Vorstellung
von seinem Kunstvermögen machen.2
GugUeimo Jedenfalls kann die Beschäftigung florentinischer Miniatoren als ein bemerkenswerthes

Capelle Symptom dafür bezeichnet werden, dass in der Erkenntnis der Unzulänglichkeit der heimischen Minia-
toren Niccolö III. von auswärts her Codices zur Zierde seiner Bibliothek erwerben musste. Mag auch
der Anstoss zu der Bereicherung der Bibliothek von Guarino und seinem Schüler Leonello ausge-
gangen sein, Niccolö III. war es zu danken, dass er den Intentionen des berühmten Humanisten Folge
geleistet hat. Die künstlerische Bedeutung dieser Florentiner ist wohl nicht hoch anzuschlagen und
auch für die ferraresischen Miniatoren boten sie wenig Anregung; aber schon unter Leonello nahm die
Miniaturmalerei in Ferrara einen grossen Aufschwung, der im engen Zusammenhang steht mit dem
regen geistigen und künstlerischen Leben, zu dem Leonello den Impuls gegeben hat. Leonellos tiefe
Bildung und feinsinnige Erziehung war für Niccolö III. die sicherste Gewähr für das Gedeihen seines
Landes, so dass er mit Umgehung seiner legitimen Söhne, Ercole und Sigismondo, Leonello testa-
mentarisch zu seinen Nachfolger bestimmte; und als Niccolö III. am 26. December 1441 plötzlich zu
Mailand starb, jubelte die Stadt dem beliebten Prinzen als ihrem neuen Fürsten zu.

Fig. 4. Sol, Miniatur aus dem »Uber physiognomiae«, pag. IX.
(Modena, Bibl. Est., Cod. lat. DCXCVI1).

II.

Die Blüthezeit der ferraresischen Miniaturmalerei.

Die Blüte der ferraresischen Miniaturmalerei fällt in die Zeit von circa 1440—1520; sie füllt die
Regierungszeit Leonellos, Borsos und Ercoles und zum Theil die Alfonsos.3 In diesem Zeiträume von
rund 80 Jahren entstanden eine Reihe von künstlerisch so hervorragenden Miniaturhandschriften, dass
sie den Vergleich mit den bedeutendsten italienischen Leistungen dieser Art nicht zu scheuen brauchen.
Das heute leider verschollene Breviarium Leonellos, die Bibel des Herzogs Borso, das Breviarium

1 L. N. Cittadella, Lettera sopra i Corali della biblioteca comunale di Ferrara al chiarissimo Signore Cav. Gaetano
Giordani (Estratto dalla Gazetta ferrarese, Nr. 49 del 29 Aprile 1862).

2 G. Gruyer, a. a. O., p. 418, erwähnt einen 1881 im Besitze L. Arrigonis in Mailand (XXVII« catalogue) befindlichen
Codex der »Fatiche di Ercole«, von Pietro Andrea di Bassi Niccolö III. gewidmet, geschmückt mit Miniaturen im Stile der
Schule von Padua.

3 Aus der umfangreichen Literatur über die Miniaturmalerei in Ferrara hebe ich als die wichtigsten Publicationen
(neben den später zu erwähnenden Arbeiten von Antonelli und Anderen) hervor: L. N. Cittadella: Lettera sopra i Corali della
biblioteca comunale di Ferrara al chiarissimo signore Cav. Gaetano Giordani (Estratto dalla Gazetta ferrarese, Nr. 49 del
 
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