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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0155
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Hermann Julius Hermann.

Crivelli die Kunstströmungen wieder, die um die Mitte des XV. Jahrhunderts in Ferrara tonangebend
waren; aber mehr als alle anderen ist Pisanello, Leonellos Lieblingskünstler, in den Miniaturen desTaddeo
Crivelli zum Vorbild gewählt. Die Empfänglichkeit Crivellis für die künstlerischen Vorgänge in Ferrara
macht es so schwierig, in oft äusserlich verschiedenen Miniaturen seine Hand zu erkennen. Hier muss die
technische Ausführung beachtet werden, die sie durch stärkeren Wachszusatz von den Werken Russis
unterscheidet. Dazu kommen nebensächliche Details in der Behandlung der Landschaft; so setzt Cri-
velli auf den grünen Untergrund der Wiesen zarte gelbe Striche als Gräser auf; ebenso unterscheiden
sich seine an umbrische Bilder erinnernden Bäume mit ihren malerischen, phantastischen Formen der
südlichen Flora von dem Strauchwerk, das die Hügellandschaften Russis belebt. Vor allem ragt aber
die höchst individuelle Auffassung seiner Gestalten hervor, in deren scharfen Profilen der Meister auch

Fig. 18. Stück einer Randleiste des Taddeo Crivelli in der Borsobibel, Band I, f. 281'.
(Sammlung Sr. k. u. k. Hoheit Erzh. Franz Ferdinand von Oesterreich-Este).

die seelischen Vorgänge wiederzugeben wusste. Rosenrothes Incarnat, Plastik der Falten, ausserge-
wöhnliche Leuchtkraft des reichen Colorits und sorgfältigste Modellirung sind diesen besten Bildern
des Meisters eigen und erheben sie zu Meisterwerken ihrer Art; ein klares Hellblau, Carminroth, Ci-
tronengelb, ein blendendes Weiss, ein tiefes Violett und Schwarz herrschen bei Crivelli vor.
Amheii des Leichter ist Russis Antheil festzustellen, da in dem libro di conto des Crivelli ausdrücklich Russi

ranco Russi. ajs ^ Maler des am 3. Juli 1455 überreichten Quinternio d (f. 22— f. 3i) bezeichnet wird (» . . . Franco
miniadore, mio compagno, consigno . . . uno quinterno de la bibia a Piero de Seiveto, lo qualle era . . •
segnado d . ..« [Anhang, Nr. 29]). Im Ganzen hatte er 171/,, Lagen für den Preis von i3y3 Lire
11 Soldi und 11 Titelblätter zu je 2 Goldgulden ausgeführt (Anhang, Nr. 88). Schon an Ausdehnung
der Arbeit hinter Crivelli zurücktretend, reicht er auch an künstlerischem Werth an seinen Genossen
nicht heran. Russi steht gleichfalls zunächst in der Richtung des Squarcione, um sich im Verlaufe
der Arbeit auch an Pisanello anzuschliessen; aber seine Miniaturen unterscheiden sich schon äusserlich
durch den grauen Ton des Incarnats und das matte Colorit. Zum Theil trefflich in der Composition,
sind sie weniger sorgfältig ausgeführt. Seine Farben, denen Weiss in grösserer Menge beigemischt
 
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