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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0177
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Hermann Julius Hermann.

Andere
Arbeiten des
Marco delPAvo-
garo.

Nr. 135 und I36).1 Bemerkenswerth ist seine Betheiligung an kunstgewerblichen Schöpfungen; so
bemalte er 1452 an einer Cassette für Rosenkränze und Toilettegegenstände Reliefs von Muscatteig,
Scenen aus der Passion von Giovanni Carlo di Brettagna, bei denen Cosimo Tura die Vergoldung auf-
trug (vgl. Anhang, Nr. i3i und i32); in demselben Jahre bemalt er ein Gypsrelief des thronenden
von Engeln und Aposteln umgebenen Heilands (vgl. Anhang, Nr. i33 und 134), 1454 zeichnet er drei
kleine herzogliche Devisen des Paraduro für den berühmten Goldschmied Amadio da Milano, der eine
goldene Kette dazu anfertigte, u. A. m. (vgl. Anhang, Nr. 137 und i38). 1459 malt er ferner den oben
identificirten Quinternio in der Bibel des Herzogs (vgl. Anhang, Nr. 72 und 76); 1462 wird ihm das
Bürgerrecht von Ferrara verliehen; dann verschwindet sein Name für längere Zeit aus den Rechnungs-
büchern; sei es, dass er anderwärts Arbeiten über-
nommen hat, sei es, dass er nach Modena übersiedelt
ist. In der Zeit von 1473—1476 finden wir ihn an den
Choralbüchern des Domes zu Modena thätig (vgl. An-
hang, Nr. 146, 14g und 150).2 Er malt hier 1475 in
den Corali zwei Bilder des Localheiligen S. Gemignano
und fünf grosse Initialen, am 8. April 1476 erhält er
eine Zahlung »per miniar dui quinterni messe zoe la
invenzion de nostra donna«; die letzte Eintragung er-
wähnt Initialen in einem »libro de la giezia.« Im
Frühjahre 147g scheint er, wie oben erwähnt (siehe
S. i33), gestorben zu sein. Vielleicht rühren von ihm
die Miniaturen zu den zwei 1473 und 1474 von Fran-
cone de Thenis aus Brabant geschriebenen Psalterien
des Domes zu Modena (Signatur O. III. 4 und 5) her
(vgl. Anhang, Nr. 147 und 148). Die Gestalt des zither-
spielenden David in felsiger Landschaft in der Initiale
B des Psalteriums (0. III. 4) vom Jahre 1474 (Fig. 37)
trägt wenigstens das Gepräge der dem Meister ange-
hörenden Miniaturen in der Borsobibel und erinnert
an Martino da Modena. Es wäre allerdings auch möglich, dass die beiden genannten Psalterien Jugend-
werke des Martino da Modena, Giorgios Sohn, wären; doch halte ich die Autorschaft des Giorgio
schon deshalb für wahrscheinlicher, weil ja urkundlich Arbeiten des Giorgio für den Dom gerade aus
jener Zeit bezeugt sind.

Mehrere Nachrichten haben wir über Werke des Marco di Giovanni dell'Avogaro, der schon
unter Leonello thätig war; doch ist uns ausser seinen Miniaturen in der Bibel des Herzogs Borso nichts
erhalten. Eines »Alexander von Haies«3 und eines Codex der Sermones des heil. Augustinus, die
Marco dell'Avogaro in der Zeit von 144g —1454 ausführte, ist schon Erwähnung geschehen. 1452
schmückte er einen von »Johannes de Manguntia« (sie!) (vgl. Anhang, Nr. 152) geschriebenen Codex
des Sueton mit einem Titelblatt »al anticha« mit dem Wappen und Devisen des Herzogs und mit Ini-
tialen, von denen jede »una medaglia zesaria« enthielt (vgl. Anhang, Nr. 153 und 154).4 Wichtiger
scheint ein 1451 ausgeführter Codex einer Decade des Livius gewesen zu sein (vgl. Anhang, Nr. 25).
Nach den Eintragungen der Rechnungsbücher war es ein Band in »fuoglio reale«, geschrieben von
»Iohane mangontino (sie!)«; das Titelblatt war »al antiga« in Gold und Farben ausgeführt; ausdrück-
lich wird es »belissimo e adornado zintilemente« genannt. Neun Initialen in der Grösse von zehn

Fig. 37. David, Miniatur aus einem Psalterium (O. III. 4)
des Doms zu Modena, vermuthlich von Giorgio d'Alle-
magna oder dessen Sohn Martino da Modena.

1 Niccolö Nigresuolo erhält für den Einband dieses Codex 1 Lira (vgl. Anhang, Nr. 156 und 157).

2 Die hierauf bezüglichen Zahlungen hat zuerst Can. Ant. Dondi in seinen »Notizie storiche ed artistiche del duomo
di Modena« (1896), p. 156, publicirt.

3 Nach Campori hat Vincenzo dell' Avogaro, vermuthlich Marcos Sohn, die Rubricirung des Codex ausgeführt.

4 Niccolö Nigresuolo lieferte 1454 den Einband (vgl. Anhang, Nr. 159 und 160).

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