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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0182
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Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara.

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Das Psalterium, welches die Schlussnotiz: »Ego Ludovicus de Raymundis de Parma hunc
librum transcripsi et notavi anno domini 1472 die tertio Junii procurante venerabili viro domino Christo-
phoro de Radulphi, canonico et masario fabricae episcopatus Ferrariae, etc.« aufweist, enthält einige
kleine Initialbilder des Giraldi, die sich durch sorgfältige Ausführung auszeichnen.

Ebenso schmückt das von Ludovicus de Raymundis geschriebene Hymnarium im Dom zu Fer-
rara (Dombibliothek) ein Titelblatt von der Hand Giraldis, auf dem sich unten zwischen Blümchen auf
feinstem goldenen Spitzengrund das Osterlamm mit der Umschrift »Capitulum ecclesiae catedralis
Ferrariae« befindet. Das Innenbild in der Initiale P stellt den Schutzpatron von Ferrara St. Georg als
DrachentÖdter vor; rechts kniet die befreite Alexandra. Die Landschaft mit ihren Hügeln, an denen
sich Baumreihen hinanziehen, ist mantegnesk, die Ausführung von besonderer Sorgfalt (Fig. 40).

Fig. 40. St. Georg,
Miniatur des Gugliel-
mo Giraldi in dem
Hymnarium des Doms
zu Ferrara, f. 1.

Fig. 41. St. Georg, Minia-
tur des Guglielmo Giraldi
in dem Pontificale des Bi-
schofs Bartolomeo della
Rovere von Ferrara.

(Bologna, R. Biblioteca Uni-
versitaria, Cod. 661, f. 1).

Auch die Initialbilder eines zweiten Psalteriums (von Antonelli fälschlich als Hymnarium bezeich-
net) des Doms zu Ferrara (Dombibliothek), mit der Schlussnotiz: »hec speciosa nimis tarn grata Volu-
mina quisquam perlegis egregiis ducta karacteribus scito: quod exscripsit panicus lucanius ille, nomine
Joannes religione minor: Ego frater Johannes de Luca hunc librum transcripsi atque notavi anno
domini 1472 die ultima Junii« gehören offenbar dem Giraldi an, wogegen die wenigen Initialbilder der
sechs kleinen Corali des Doms zu Ferrara wohl mit Unrecht von Antonelli dem Meister zugeschrieben
wurden; diese sind eine völlig untergeordnete Schülerarbeit.

Die grosse stilistische Uebereinstimmung mit dem Titelblatt des Hymnariums und des modenesischen
Psalteriums (Cod. DCCCCXC) veranlasst mich, eine Reihe ferraresischer Codices als Werke des Giraldi
zu bezeichnen. Das gilt zunächst von einer Handschrift der Universitätsbibliothek zu Bologna (Cod.
Nr. 661), einem Pontificale des Bischofs Bartolomeo della Rovere von Ferrara (1474 —1495),
dessen Titelblatt mit dem Wappen des Bischofs und dem Initialbild des heiligen Georg dem Titelblatt des
Hymnariums sehr verwandt ist (Fig. 41); eine Initiale auf f. 3 mit einem Innenbild, das die Salbung
eines Knaben durch den Bischof darstellt, ragt durch sorgfältige Modellirung und schönes Colorit her-
vor. Dieser Handschrift stehen die Initialbilder eines dem Herzog Borso gewidmeten Tractates »de modo
 
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