I 80 Hermann Julius Hermann.
sari1 auf Grund einer Mittheilung Laderchis dem Guglielmo Giraldi den Hauptantheil an den Corali
zugesprochen; endlich ist auch Adolfo Venturi2 für die Betheiligung Giraldis eingetreten. In der
That weisen die Corali die grösste Verwandtschaft mit dem oft genannten Codex in Modena auf, so
dass mir ein grosser Theil dieser wundervollen Miniaturen als Werke des Guglielmo Giraldi erscheint.
Fig. 44. Guglielmo Giraldi, untere Partie des Titelblattes zum II. Band der Bibel der Certosa von Ferrara (f. 1).
(Ferrara, Museo Civico di Schifanoja).
Die Bibei Die Bibel und die Corali der Certosa von Ferrara sind nichtnurdie umfangreichste Schöpfung
und der Miniaturmalerei, die während der Regierungszeit Borsos entstand, sie bezeichnen auch künstlerisch
die Corali " •
der Certosa den Culminationspunkt der älteren Localschule der ferraresischen Miniaturmalerei als ein an Kunst-
iron i-erraia. wer^ ^ej. ßorsobibel ebenbürtiges Werk. Vereint mit sieben Bänden der Olivetaner und dem später
zu erwähnenden Decretuni Gratiani werden einundzwanzig Folianten riesiger Dimension in dem be-
rühmten Freskensaale des Palazzo Schifanoja in sieben Vitrinen aufbewahrt, wohin sie auf Anregung
des verdienstvollen Bibliothekars Professor Giuseppe Agnelli aus der Biblioteca comunale übertragen
wurden. Hier bilden sie geradezu ein Museum ferraresischer Miniaturmalerei, als ein kostbares Gegen-
stück zu dem darüber befindlichen Monumentalwerk ferraresischer Frescomalerei, ebenbürtig jener herr-
lichen Chorbüchersammlung der Libreria des Doms zu Siena, in der wir Miniaturen Liberales und Giro-
lamos da Cremona bewundern. Es ist erstaunlich, wie viele künstlerisch hervorragende Choralbuch-
sammlungen im XV. Jahrhundert in Italien entstanden;3 als die umfangreichsten und künstlerisch präch-
tigsten nenne ich die Corali des Doms zu Siena, des Doms zu Chiusi, des Doms zu Florenz, der Biblio-
teca Laurenziana und der Biblioteca di S. Marco zu Florenz, von S. Pietro in Perugia, S. Severino in
Neapel, von Montecassino, von S. Petronio in Bologna, der Bibliothek von Gubbio, des Doms zu Fer-
rara u. A. m., denen sich als eine der hervorragendsten die Corali der Certosa von Ferrara anreihen.
Zwei Jahre nach seinem Regierungsantritt (1452) hatte Borso ein Karthäuserkloster gestiftet,
dessen Kirche dem heiligen Christoph geweiht wurde. Schon 1461 war der Bau dieser »Cartusia S.
Christophori prope Ferrariam« soweit gediehen, dass die Mönche einziehen konnten. Seitdem wen-
dete Borso der Lieblingsstiftung seine besondere Fürsorge zu, die sich durch die Begünstigungen der
Fürsten zu einer Pflegestätte geistigen und künstlerischen Schaffens entwickelte. Zunächst war Borso
darauf bedacht, die Bibliothek der Mönche möglichst zu bereichern. Schon 1455 erwarb er von Barto-
1 Giorgio Vasari, Le vite de' piü eccellenti pittori etc. . . . con nuove annotazioni e commenti di Gaetano Milanesi II
(1878), p. 145, Anm. I.
2 A. Venturi, La mostra d'arte antica a Bologna in der Rassegna emiliana I (1888), p. 432.
3 Vgl. die Zusammenstellungen bei A. Caravita, I codici e le arti a Montecassino, Band I (1869); dann Vasari, Ausgabe
Le Monnier (1850), vol. VI appendice: Nuove indagini con documenti inediti per servire alla storia della miniatura italiana
(von C. und G. Milanesi und C. Pini); endlich G. Mazzatinti, Inventari dei manoscritti delle biblioteche d'Italia (1890 ff.).
sari1 auf Grund einer Mittheilung Laderchis dem Guglielmo Giraldi den Hauptantheil an den Corali
zugesprochen; endlich ist auch Adolfo Venturi2 für die Betheiligung Giraldis eingetreten. In der
That weisen die Corali die grösste Verwandtschaft mit dem oft genannten Codex in Modena auf, so
dass mir ein grosser Theil dieser wundervollen Miniaturen als Werke des Guglielmo Giraldi erscheint.
Fig. 44. Guglielmo Giraldi, untere Partie des Titelblattes zum II. Band der Bibel der Certosa von Ferrara (f. 1).
(Ferrara, Museo Civico di Schifanoja).
Die Bibei Die Bibel und die Corali der Certosa von Ferrara sind nichtnurdie umfangreichste Schöpfung
und der Miniaturmalerei, die während der Regierungszeit Borsos entstand, sie bezeichnen auch künstlerisch
die Corali " •
der Certosa den Culminationspunkt der älteren Localschule der ferraresischen Miniaturmalerei als ein an Kunst-
iron i-erraia. wer^ ^ej. ßorsobibel ebenbürtiges Werk. Vereint mit sieben Bänden der Olivetaner und dem später
zu erwähnenden Decretuni Gratiani werden einundzwanzig Folianten riesiger Dimension in dem be-
rühmten Freskensaale des Palazzo Schifanoja in sieben Vitrinen aufbewahrt, wohin sie auf Anregung
des verdienstvollen Bibliothekars Professor Giuseppe Agnelli aus der Biblioteca comunale übertragen
wurden. Hier bilden sie geradezu ein Museum ferraresischer Miniaturmalerei, als ein kostbares Gegen-
stück zu dem darüber befindlichen Monumentalwerk ferraresischer Frescomalerei, ebenbürtig jener herr-
lichen Chorbüchersammlung der Libreria des Doms zu Siena, in der wir Miniaturen Liberales und Giro-
lamos da Cremona bewundern. Es ist erstaunlich, wie viele künstlerisch hervorragende Choralbuch-
sammlungen im XV. Jahrhundert in Italien entstanden;3 als die umfangreichsten und künstlerisch präch-
tigsten nenne ich die Corali des Doms zu Siena, des Doms zu Chiusi, des Doms zu Florenz, der Biblio-
teca Laurenziana und der Biblioteca di S. Marco zu Florenz, von S. Pietro in Perugia, S. Severino in
Neapel, von Montecassino, von S. Petronio in Bologna, der Bibliothek von Gubbio, des Doms zu Fer-
rara u. A. m., denen sich als eine der hervorragendsten die Corali der Certosa von Ferrara anreihen.
Zwei Jahre nach seinem Regierungsantritt (1452) hatte Borso ein Karthäuserkloster gestiftet,
dessen Kirche dem heiligen Christoph geweiht wurde. Schon 1461 war der Bau dieser »Cartusia S.
Christophori prope Ferrariam« soweit gediehen, dass die Mönche einziehen konnten. Seitdem wen-
dete Borso der Lieblingsstiftung seine besondere Fürsorge zu, die sich durch die Begünstigungen der
Fürsten zu einer Pflegestätte geistigen und künstlerischen Schaffens entwickelte. Zunächst war Borso
darauf bedacht, die Bibliothek der Mönche möglichst zu bereichern. Schon 1455 erwarb er von Barto-
1 Giorgio Vasari, Le vite de' piü eccellenti pittori etc. . . . con nuove annotazioni e commenti di Gaetano Milanesi II
(1878), p. 145, Anm. I.
2 A. Venturi, La mostra d'arte antica a Bologna in der Rassegna emiliana I (1888), p. 432.
3 Vgl. die Zusammenstellungen bei A. Caravita, I codici e le arti a Montecassino, Band I (1869); dann Vasari, Ausgabe
Le Monnier (1850), vol. VI appendice: Nuove indagini con documenti inediti per servire alla storia della miniatura italiana
(von C. und G. Milanesi und C. Pini); endlich G. Mazzatinti, Inventari dei manoscritti delle biblioteche d'Italia (1890 ff.).