I QO Hermann Julius Hermann.
in Ferrara thätig waren, sind ausser den genannten Meistern nur wenige, bei denen wir grössere
Gewandtheit voraussetzen dürfen; über die Mehrzahl derselben haben Campori und Cittadella ur-
kundliche Notizen gesammelt.
Carlo Gerardo de' Ghisilieri, ein vornehmer Bolognese, der 1468 Podestä von Monte Casta-
gnaro war, führte auch für Borso mehrere Miniaturcodices aus (vgl. Anhang, Nr. 187—192); so unter
Anderen 1464 einen »Lancelotto in volgare«, 1467 einen Boccaccio (»Cento novelle«), 1468 einen franzö-
. . in vulgare«, dessen Titelblatt mit dem Este-
adler und herzoglichen Emblemen geziert war.1
Jacopo Solarolo (auch Rosso genannt)
führte mehrere Arbeiten für Borso aus (vgl.
Anhang, Nr. ig3—197), unter Anderem 1459
ein Missale, 1462 ein von dem Serviten Fra
Martino geschriebenes Breviar. Ausserdem er-
wähnt Campori von ihm einen »Trattato della
natura degli uccelli«, einen Merlin (französisch)
1458, einen »Trattato de'sermoni dell'Avvento«,
die »leggende de' SS. Padri di Roma« (1462)
und ein zweites Breviar (1469). In Urkunden wer-
den ausserdem Zahlungen an ihn für ein »libro
francexe« (ohne Angabe des Titels) verzeichnet.
Cosimo Baroni, dem Cittadella (a. a.
O.) einen Antheil an den Corali der Certosa
zuzuschreiben suchte, lieferte 1471 Miniaturen
zu einem »libro de sonetti e canzoni morale
composto per il Signore«. Campori fand ihn
in Urkunden von 1458—1475 genannt.
Ueber Bartolomeo del Tintore, der
1476 und 1479 an verschiedenen Handschriften
für S. Petronio betheiligt erscheint,2 finden
sich urkundliche Nachrichten von 1459—1491;
in einer Urkunde vom Jahre 1461 wird er als
Ferrarese bezeichnet.
Don Niccolö Germanico widmete dem Herzog einen Codex der Cosmographie des Ptolomäus,
über den Giov. Bianchini und Pietro Bono dell' Avogaro ein Gutachten ausstellten. Hundert Gold-
gulden wurden ihm dafür am 3o. März 1466 bezahlt; weitere 3o Goldgulden am 8. April für ein
über Tacuini für mehrere Jahre (vgl. Anhang, Nr. 198—200). Während die Biblioteca Laurenziana
zu Florenz eine von Niccolö Germanico dem Herzoge dedicirte Karte von Italien bewahrt, ist uns der
Ptolomäuscodex in der Biblioteca Estense (Cod. lat. CCCCLXIII) erhalten. Das Titelblatt (f. 1) ziert
eine Randleiste aus weissen Astverschlingungen auf blauem, grünem und rosenrothem Grund. Drei
Putten, welche einen Blattkranz halten, innerhalb dessen der Raum für das Wappen freiblieb, lassen
den Miniator als einen der Florentiner Schule angehörenden Büchermaler erkennen; dasselbe gilt von
der Miniatur in der Initiale C (f. 2), welche den Ptolomäus darstellt; vortrefflich sind die 27 Landkarten
ausgeführt.
In demselben Jahre (1466) erhielt Borso eine Karte (mappamondo) von Antonio Leonardi und eine
Cosmographie von Giovanni Stanexe di Piacenza. Der FYanciscaner Fra Jacomo dei Primadiei
1 Die Handschrift findet sich auch im Inventar der Bibliothek Borsos (vgl. A. N. Cittadella, II Castello di Ferrara,
1875, p. 63 ff.) erwähnt.
2 Vgl. Malaguzzi-Valeri, La miniatura in Bologna del XIII al XVIII secolo, a. a. O.; Frati, I Corali della Basilica di
S. Petronio, Docum. 48, 121 und 122.
sischen Lancelot sowie einen »Justino historiograffo . .
Fig. 54. St. Fabian und St. Sebastian, Miniatur des Guglielmo
Giraldi im Proprium Sanctorum P (f. 1) aus der Certosa von
Ferrara.
{Ferrara, Museo Civico di Schifanoja).
in Ferrara thätig waren, sind ausser den genannten Meistern nur wenige, bei denen wir grössere
Gewandtheit voraussetzen dürfen; über die Mehrzahl derselben haben Campori und Cittadella ur-
kundliche Notizen gesammelt.
Carlo Gerardo de' Ghisilieri, ein vornehmer Bolognese, der 1468 Podestä von Monte Casta-
gnaro war, führte auch für Borso mehrere Miniaturcodices aus (vgl. Anhang, Nr. 187—192); so unter
Anderen 1464 einen »Lancelotto in volgare«, 1467 einen Boccaccio (»Cento novelle«), 1468 einen franzö-
. . in vulgare«, dessen Titelblatt mit dem Este-
adler und herzoglichen Emblemen geziert war.1
Jacopo Solarolo (auch Rosso genannt)
führte mehrere Arbeiten für Borso aus (vgl.
Anhang, Nr. ig3—197), unter Anderem 1459
ein Missale, 1462 ein von dem Serviten Fra
Martino geschriebenes Breviar. Ausserdem er-
wähnt Campori von ihm einen »Trattato della
natura degli uccelli«, einen Merlin (französisch)
1458, einen »Trattato de'sermoni dell'Avvento«,
die »leggende de' SS. Padri di Roma« (1462)
und ein zweites Breviar (1469). In Urkunden wer-
den ausserdem Zahlungen an ihn für ein »libro
francexe« (ohne Angabe des Titels) verzeichnet.
Cosimo Baroni, dem Cittadella (a. a.
O.) einen Antheil an den Corali der Certosa
zuzuschreiben suchte, lieferte 1471 Miniaturen
zu einem »libro de sonetti e canzoni morale
composto per il Signore«. Campori fand ihn
in Urkunden von 1458—1475 genannt.
Ueber Bartolomeo del Tintore, der
1476 und 1479 an verschiedenen Handschriften
für S. Petronio betheiligt erscheint,2 finden
sich urkundliche Nachrichten von 1459—1491;
in einer Urkunde vom Jahre 1461 wird er als
Ferrarese bezeichnet.
Don Niccolö Germanico widmete dem Herzog einen Codex der Cosmographie des Ptolomäus,
über den Giov. Bianchini und Pietro Bono dell' Avogaro ein Gutachten ausstellten. Hundert Gold-
gulden wurden ihm dafür am 3o. März 1466 bezahlt; weitere 3o Goldgulden am 8. April für ein
über Tacuini für mehrere Jahre (vgl. Anhang, Nr. 198—200). Während die Biblioteca Laurenziana
zu Florenz eine von Niccolö Germanico dem Herzoge dedicirte Karte von Italien bewahrt, ist uns der
Ptolomäuscodex in der Biblioteca Estense (Cod. lat. CCCCLXIII) erhalten. Das Titelblatt (f. 1) ziert
eine Randleiste aus weissen Astverschlingungen auf blauem, grünem und rosenrothem Grund. Drei
Putten, welche einen Blattkranz halten, innerhalb dessen der Raum für das Wappen freiblieb, lassen
den Miniator als einen der Florentiner Schule angehörenden Büchermaler erkennen; dasselbe gilt von
der Miniatur in der Initiale C (f. 2), welche den Ptolomäus darstellt; vortrefflich sind die 27 Landkarten
ausgeführt.
In demselben Jahre (1466) erhielt Borso eine Karte (mappamondo) von Antonio Leonardi und eine
Cosmographie von Giovanni Stanexe di Piacenza. Der FYanciscaner Fra Jacomo dei Primadiei
1 Die Handschrift findet sich auch im Inventar der Bibliothek Borsos (vgl. A. N. Cittadella, II Castello di Ferrara,
1875, p. 63 ff.) erwähnt.
2 Vgl. Malaguzzi-Valeri, La miniatura in Bologna del XIII al XVIII secolo, a. a. O.; Frati, I Corali della Basilica di
S. Petronio, Docum. 48, 121 und 122.
sischen Lancelot sowie einen »Justino historiograffo . .
Fig. 54. St. Fabian und St. Sebastian, Miniatur des Guglielmo
Giraldi im Proprium Sanctorum P (f. 1) aus der Certosa von
Ferrara.
{Ferrara, Museo Civico di Schifanoja).