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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0202
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Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara.

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Ausserdem führte Martino 1479 drei Initialen in einem Epistolar aus (vgl. Anhang, Nr. 215),
das nicht mehr erhalten ist. Die Miniaturen in den Chorbüchern von S. Petronio, die umfangreichste
Arbeit, die Martino geschaffen hat, lassen den Miniator als einen äusserst gewandten Meister erschei-
nen, dem treffliche Composition, leuchtendes Colorit und individuelle Auffassung eigen sind; am
nächsten steht er dem Guglielmo Giraldi, der ja auch bei Giorgio Todesco die Miniaturmalerei erlernt
hatte; doch war Martino wohl der jüngere von den beiden. Seine Arbeiten für die berühmteste Kirche
Bolognas haben ihm offenbar hohen Ruhm eingetragen, so dass er, nachdem er vorher an den Corali
des Doms zu Modena (vgl. Anhang, Nr. 242-246) thätig war, nach Ferrara berufen wurde, um hier
an den Miniaturen des Doms, der umfangreichsten Unternehmung der Zeit Ercoles, mitzuarbeiten. Aus
den urkundlichen Eintragungen der libri della fabbrica (vgl. Anhang, Nr. 260) geht freilich nur hervor,
dass er am 16. August 1485 25 Lire für die Miniatur des Antiphonarium Nr. 8 (»nel qua! un Job et el
diavolo, che se Ii apresenta in forma de un pelegrin«) mit dem vorzüglichen Initialbilde: »Job, vom
Teufel versucht«, gemalt hat (Fig. 61). Zweifellos gehören aber dem Martino da Modena auch die
Miniaturen des Antiphonarium Nr. 7 an, deren Stil vollkommen mit dem der authentischen Miniaturen
übereinstimmt und mit der urkundlich beglaubigten Miniatur des Job im Antiphonar Nr. 8 sich von den
übrigen Chorbüchern unterscheidet, wenn auch dieselbe Randdecoration beibehalten werden musste.
Dem Martino gehören also, meiner Ueberzeugung nach, an:

Ferrara, Dom (aufbewahrt im Archivio del duomo):
Antiphonarium Nr. 7 (vom Dreifaltigkeitssonntag bis Ende August); i486 ausgeführt.

f. 5': Randleiste aus blauen, rothen und grünen Akanthusranken auf Goldgrund; in der
linken und unteren Randleiste Halbfiguren der vier Kirchenlehrer; rechts ein Engel
und St. Maurelius; oben in der Mitte das Osterlamm, das Wappen des Domcapitels;
unten in der Mitte zwischen je fünf kleinen Medaillons mit Vögeln und Affen ein
grösseres Medaillon: St. Georg, den Drachen tödtend; im Hintergrunde die befreite
Jungfrau (in der Art des Ercole Roberti). In der Initiale B: Im Vordergrunde einer
Landschaft sitzt Gott Vater mit dem Gekreuzigten in den Händen, über dessen Haupt
die Taube schwebt (Fig. 60), ein treffliches Bildchen des Martino (zum Dreifaltig-
keitssonntag).

f. 29: Randleiste aus goldenem Spitzengrund, in welchen Medaillons mit Hasen und Rehen ein-
gefügt sind. Neben der Initiale I: Im Vordergrunde einer Landschaft ein Bischof in
kostbarem, mit Edelsteinen gezierten Pluviale; in den Händen hält er das Ostensorium
(zum Frohnleichnam).

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