Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0245
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
240

Hermann Julius Hermann.

Trotz der Härte in den Formen steht das Exemplar der Brera1 höher, welches vorne eben-
falls mit dem Holzschnitt des St. Christoph geschmückt ist. Ein am Schlüsse (f. 194') angefügtes Gebet
»in festo saneti Brunonis et saneti Syri, episcopi Papie,« deutet daraufhin, dass sich diese Incunabel
einst in der Certosa von Pavia befand. Zwei Miniatoren scheinen an den Miniaturen thätig gewesen
zu sein; der eine, dessen Stilrichtung der des Miniators a des Breviariums verwandt
ist, führte das Titelblatt mit der aus überaus feinem Spitzengrund mit Blüthen be-
stehenden Randleiste und dem geigenspielenden David in der Initiale A aus; ausser-
dem die zum Theil feinen, an Mazzolino erinnernden Initialbildchen im Folgenden.
Einer zweiten Hand gehört neben mehreren Initialbildchen das grosse Kreuzigungs-
bild zum Canon missae (f. 96') an, dessen hässliche, derbe Formen an den Verismo
des berühmten modenesischen Thonbildners Guido Mazzoni erinnern. In den
Ecken der mit Cameen geschmückten, aus symmetrischen Ranken und Juwelen ge-
bildeten Randleiste sind oben die Verkündigung, unten die Brustbilder des St. Chri-
stoph und St. Maurelius angebracht.

Fig. 98. Petrus und Paulus, Miniatur in
dem Missale des Cardinais Ippolito I.

Fig. 99. Jacobus, Miniatur in dem Mis-
sale des Cardinais Ippolito L

(Innsbruck, k. k. Universitätsbibliothek,
Cod. Nr. 43, f. 263'.)

Einer etwas früheren Zeit gehört eine Handschrift der Vita beati Joannis
a Tauxignano, episcopi Ferrariae (1432—1446), in der Biblioteca comunale zu
Ferrara (Classe I, Nr. 3o6)2 an, deren Titelblatt (f. 1) mit einer überaus feinen Mi-
niatur geschmückt ist (Fig. 56). Unten vor einem Postament mit der Aufschrift
»Divi Her(culis)« das Wappen Ercoles zwischen Putten, von denen einer mit
einem Löwen kämpft; darüber rechts und links Renaissancepfeiler mit herzoglichen
Emblemen (Feuerbecken und Hydra) in Medaillons. Oben in einer reizenden Loggia mit Fernblick
auf eine Hügellandschaft der Herzog Ercole I. in schwarzem Brocatgewand, auf einen Stock ge-
stützt, dem der Autor, ein Jesuatenmönch, das Werk überreicht; rechts der junge Alfonso und ein
Knabe mit einem Vogel (vielleicht Ercoles Sohn Ippolito?) mit Gefolge. Eine Miniatur auf f. 4 stellt
oben die Einkleidung des Heiligen in den Orden der »Gesuati«, unten den Heiligen als Bischof
zwischen zwei Ordensbrüdern mit Mitra und Krummstab dar. Beide trefflich ausgeführten Miniaturen
stehen unter dem Einflüsse des Lorenzo Costa.

1 G. Frizzoni, Tre opere provenienti dall' antica scuola ferrarese nuovamente illustrate II, im Archivio stonco del-
l'arte VII, p. 178 (mit einer Abbildung des Crucifixes), und Fr. Carta, Codici corali e libri a stampa miniati nella Biblioteca
nazionale di Milano, im XIII. Bande der Indici e cataloghi.

2 Ueber die Herkunft des Codex vgl. Antonelli, Indice dei manoscritti della Civica Biblioteca di Ferrara.
 
Annotationen