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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Meder, Joseph: Neue Beiträge zur Dürer-Forschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0064
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Joseph Meder.

und unterhalb des Christuskopfes sichtbaren zitterigen Linien von rother Farbe auf blauem Grunde,
welche viermal je vier Zeilen markieren sollen, darf man wohl die Aufschrift eines Gebetes vermuthen.

Links neben der Skizze steht ein verticaler Maasstab, in Fuss und Zoll eingetheilt, oben die
Notiz: »Ein tafel von Oelfarben von «

Aus den flüchtigen Skizzen der beiden Figuren, welche im Vereine mit der Mitteltafel doch nur
ein allgemeines Gesammtbild des Kunstwerkes geben sollen, eine Porträtähnlichkeit mit den beiden in
Frankfurt befindlichen Hellerbildnissen im grossen Mariahimmelfahrtsbilde herausfinden zu wollen,
wäre hier zu weit gegangen. Auf einen derartigen Beweis müssen wir verzichten. Dagegen erlaubt
der bereits in der Einleitung hervorgehobene Umstand, dass Falkenburg in der Familie von Hellers
Erben verkehrte, dort die neun Briefe copierte, welche gewiss noch mit vielen anderen Andenken an

Fig. i. Fig. 2.

Bildnisse des Hans Tucher und seiner Frau Felicitas von Albrecht Dürer im grossherzoglichen Museum zu Weimar.
(Nach den Rcproductionen der kunsthistorischen Gesellschaft für photographische Publicationen, Jahrg. I, i8cp.)

den Urgrossonkel aufbewahrt wurden, den ziemlich sicheren Schluss, dass es mit der Bezeichnung der
Personen seine Richtigkeit habe. Die vollständig ausgeschriebenen und rechts und links genau unter
den Porträten angesetzten Namen erwecken sogar die Vermuthung, dass sie auch auf den Flügeln selbst
in den unteren P'eldern angebracht waren. Woher käme auch sonst die Wissenschaft, dass Hellers
Gattin eine geborene Mühlheim war?

Wichtigere und weniger leicht zu beantwortende Fragen sind jene, ob Falkenburg ein Original
oder eine Copie besass und ob dieses Original auch von Dürers Hand herrührte. Auf die Möglichkeit,
dass der Maler Falkenburg, der bereits das grosse Dürerwerk in der Predigerkirche copiert und für sich
die neun Briefe abgeschrieben hatte, auch dies kleine Hausaltärchen für seine Sammlung copiert hätte,
kommt es heute gar nicht mehr an, da derzeit von der Tafel überhaupt nichts erhalten ist.

Uns muss es leider genügen, dass er uns eine Spur, ein schwaches Abbild von einem unbekannten
Werke überliefert hat, welches er Dürer zuschreibt, und nur diese Zuschreibung an den Nürnberger
Meister — ob mit Recht oder Unrecht — kommt hier in Frage.
 
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