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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Das holländische Gruppenporträt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0145
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Fig. 25. SchützcnstQck des Dirk Barentsz vom Jahre 1564'
Amsterdam, Rijksmuseum.

verschwunden ist und einer neuen Platz gemacht hat. Wir haben uns daher in Erinnerung zu bringen,
was der genannte Gestus zu bedeuten hatte. Er sollte das betrachtende Subject (das, um dies zu
wiederholen, damals noch nicht als ein einziges, individuelles gefasst wurde) auf das Vorhandensein
eines Objectes aufmerksam machen und diente somit dem Zwecke, deutlich zum Bewusstsein zu
bringen, dass es in der bildenden Kunst zweierlei gebe: Subject und Object. Künstler und Publicum
empfanden das Bedürfnis, dass der Dualismus zwischen beiden völlig klar und unzweideutig zum Aus-
druck gebracht werde. Indem nun Dirk Barentsz den hierauf abzielenden Gestus unterdrückt, ver-
kündet er damit, dass die holländische Gruppenporträtmalerei zu seiner Zeit auf die Verdeutlichung
jenes Dualismus keinen Werth mehr zu legen begann. Die Voraussetzung des betrachtenden Subjectes
war nun nicht mehr neu, in die Vorstellung des holländischen Publicums bereits allgemein einge-
drungen und man konnte daher ihrer aufdringlichen Versinnlichung entbeh/en. Das Verschwinden
des Gestus ist somit, gleich jenem Eindringen genrehafter Motive, ein zweites Symptom einer Steigerung
der subjectivistischen Auffassung, einer vermehrten Tendenz auf Ueberwindung des barocken Dualis-
mus durch Subjectivierung des Objectes.

In der gleichen Richtung musste die unerhörte Neuerung wirken, dass nun einzelne Figuren vom
Beschauer körperlich sich abwenden, indem sie ihm den Rücken weisen und nur geistig, mit dem
Bücke sich ihm zukehren. Doch davon wird besser im Zusammenhang mit der Composition die
Rede sein.

In der Blickrichtung, sucht Dirk Barentsz nicht nach dem Beispiele des Dirk Jacobsz eine intim
wirkende Vereinheitlichung sondern folgt dem Teunissen und dem Meister von 1554, die ihre neuen
 
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