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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Aus Rubens' Zeit und Schule: Bemerkungen zu einigen Gemälden der kaiserlichen Galerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0022
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Gustav Glück.

Fig. 8. Peter Van Avont und Frans Wouters, Maria mit dem Kinde und Engeln.
Wien, kais. Gemäldegalerie.

das ungefähr dieselben Dimensionen hat, annehmen müßte. Es ist dies der große «Bacchuszug»
(Nr. 1064), der gegenwärtig als Werk Cornelis Schuts gilt, obwohl er nicht die geringste Ähnlichkeit
mit den beglaubigten Arbeiten dieses Künstlers zeigt. Das Bild macht überhaupt nicht den Eindruck,
als ob es im unmittelbaren Schülerkreise des Rubens entstanden wäre. Der Stil weist mehr auf eine
andere provinziale vlämische Schule hin. Das Inventar Leopold Wilhelms nennt nun, worauf schon
Th. v. Frimmel in seiner Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen (I, S. 519) aufmerksam gemacht
hat, in der Tat einen Künstler, der uns sonst gänzlich unbekannt ist und auch nicht in den Antwerpner
Künstlerlisten vorkommt: N. Woutiers. Der Vorname könnte Nicolas oder Neel (eine Abkürzung
von Cornelis, worauf die Benennung «Cornelio Vaudrier» in einem Prager Inventar von 1737 hin-
deuten könnte) geheißen haben; sicherlich ist aber nicht Frans Wrouters gemeint, mit dessen Stil das
Werk ganz und gar nichts zu tun hat. Endlich wäre noch zu überlegen, ob der Bacchuszug nicht
von jener Magdalena Woutiers aus Möns im Hennegau herrühren könnte, von der zwei durch das
Leopold Wilhelm'sche Inventar beglaubigte Gemälde, des heil. Josef und des heil. Joachim (Nr. 1091
und 1092, Engerth 1401 und 1402), in der kaiserlichen Galerie vorhanden'sind. Eine Verschreibung
des Anfangsbuchstaben N statt M wäre leicht denkbar. Freilich bieten die beiden Halbfiguren von
Heiligen wenig Anhaltspunkte zum Vergleich mit der großen Komposition des Bacchuszuges. Doch
könnte man für die Identität des Urhebers die sehr ähnliche Modellierung der Köpfe und die ebenso
verwandte Behandlung des Haares geltend machen. Trotzdem wird man selbst in unserem Zeitalter
der Frauenemanzipation dieses Bild, das eine sehr kräftige, ja fast derbe Auffassung zeigt, schwerlich
einer weiblichen Hand zumuten wollen. Wie dem auch sei, uns mag hier genügen zu wissen, daß
der Bacchuszug nicht von unserem Frans Wouters herrührt.

Scheidet man auch den «Triumph der Zeit» und den «Bacchuszug» endgültig aus Frans Wouters'
Werken aus, so bleibt, wie wir gesehen haben, noch immer in der kaiserlichen Galerie eine stattliche
 
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