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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Aus Rubens' Zeit und Schule: Bemerkungen zu einigen Gemälden der kaiserlichen Galerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0035
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Aus Rubens' Zeit und Schule.

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schiedenis der Antwerpsche Schilderschool, Antwerpen i883, S. 868): sie besagt, daß Andreas Bene-
detti am 10. September i638 bei Jan De Heem als Lehrling eingetreten ist. Er hat also seinen
ersten Lehrer Vincent Cernevael nach dritthalb Jahren verlassen, um sich in die Werkstatt des seit
kurzem in Antwerpen ansäßigen, berühmten holländischen Stillebenmalers zu begeben. Daß nun
Benedetti als selbständiger Meister auch wirklich Stilleben gemalt hat, geht aus dem Verzeichnis der
nachgelassenen Kunstsammlungen des Antwerpner Malers Victor Wolfvoet vom Jahre 1652 hervor,
worin ein Stilleben von Benedetti erwähnt wird.1

Wie nun Andreas Benedetti gemalt hat, davon gibt uns das durch die Angabe des Inventars
Erzherzog Leopold Wilhelms beglaubigte Bild der kaiserlichen Galerie eine gute Vorstellung. Ein
zweites Werk des Künstlers befindet sich, worauf mich August Schäffer und Cornelis Hofstede de
Groot freundlichst aufmerksam machen, in der Budapester Landesgalerie, wo es bisher als ein Haupt-
werk Abraham Van Beyerens angesehen worden ist (Nr. 255, Fig. 21). Es ist ein prächtiges Stilleben,
in den Maßen bedeutend größer als das Wiener Bild, in dem Geschmack der Anordnung und in der
malerischen Durchführung diesem aber so verwandt, daß es unmöglich ist, an der Identität der Hand
zu zweifeln. Dieselben Einzelheiten kehren auch hier wieder: dieselbe Tischdecke mit derselben silber-
gestickten Bordüre und denselben silbernen Fransen, derselbe Buckelpokal mit dem Vogel als Deckel-
griff, derselbe zinnerne Becher, dieselbe schiefgestellte Delfter Schüssel mit Früchten darin, derselbe
Ledersessel, über den auch hier wie zufällig eine Serviette
hängt, und anderes mehr. Doch beweist nicht nur die stili-
stische Untersuchung, daß das Werk von keinem anderen her-
rührt als von Andreas Benedetti, sondern auch die Bezeich-
nung, die sich auf dem Deckel des Steinkruges vorgefunden hat.

Die Buchstaben A B fe (Fig. 20) bedeuten sicherlich
nicht Abraham Van Beyeren, wie man bisher gedacht hat.
Das bekannte Monogramm dieses Künstlers sieht ganz anders
aus (Fig. ig), die Buchstaben A und B sind darin immer so Fig. 20.

verbunden, daß zwischen ihnen ein V entsteht, wodurch die

Signatur erst Abraham Van Beyeren bedeutet. Daß das Budapester Stilleben, wie wir gesehen haben,
auch aus stilistischen Gründen nicht Abraham Van Beyeren zugeschrieben werden kann, hat C. Hof-
stede de Groot, wie er mir mitteilt, schon vor Jahren erkannt und das Werk einem Antwerpner Nach-
folger Jan De Heems zugeschrieben. Sein Name lautet nun nach unserem kleinen Funde ohne Zweifel
Andreas Benedetti.

Die beiden großen Stilleben der Wiener und der Pester Galerie geben einen so vollkommenen
Begriff von Benedettis Stil, daß man es für ein leichtes halten würde, darnach andere Werke seiner
Hand nachzuweisen. Die Gleichheit der Anfangsbuchstaben würde dafür sprechen, daß sich auch
andere Arbeiten des Künstlers, wie das Pester Bild, unter dem Namen Abraham Van Beyerens verbergen
könnten; doch habe ich bei der Uberprüfung einer großen Anzahl von Gemälden, die Abraham Van
Beyeren zugeschrieben werden, diese Vermutung nicht bestätigt gefunden. Eher wird man Werke
Benedettis unter dem Namen Jan De Heems oder seines Sohnes Cornelis finden. Doch ist mir auch
hier nur ein einziges Gemälde untergekommen, das ich versucht wäre, Andreas Benedetti zuzuschreiben:
ein mittelgroßes Stilleben, das Herr Hofantiquar Böhler in München besitzt und das bisher Cornelis
De Heems Namen getragen hat (Leinwand, 90 : 140 cm, Fig. 23). Die Gruppierung ist hier weit ärm-
licher als auf den beiden anderen Bildern; doch spricht für Benedetti die große Ähnlichkeit der maleri-
schen Ausführung ebensosehr wie auch einige bezeichnende Einzelheiten, so zum Beispiel der Buckel-
becher mit dem Vogelgriff, der Zinnbecher, die angebrochene Pastete (wie auf dem Pester Bilde) und
anderes mehr.

1 «Een bancketken, van Benedetti, in lyste op panneel» (J. Van den Branden, Antwerpsch Archievenblad XXI,
S. 367). «Bancketken» bedeutet in dem damaligen Sprachgebrauch Frühstück oder Stilleben.
 
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