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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Aus Rubens' Zeit und Schule: Bemerkungen zu einigen Gemälden der kaiserlichen Galerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0040
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Gustav Glück.

Papagei und Hund mögen ihre
Lieblingstiere sein, das Klavier-
spiel ihre Lieblingsbeschäftigung,
die Traube ihre Lieblingsspeise.
Das Porträt ist unter freiem Him-
mel gemalt, wozu das Klavier und
der schwere blaue Vorhang, der
die linke obere Ecke des Bildes aus-
füllt, nicht recht passen wollen.
Trotzdem spricht das Gemälde
durch einen gewissen liebenswür-
digen Geschmack an; es ist wohl
das beste unter den Werken des
Meisters, die wir hier kennen ge-
lernt haben. Sieht man eine kleine
Reproduktion davon, wie die neben-
stehende, so scheint einem die Zu-
schreibung des Bildes an Gonzales
Coques nicht unmöglich. Vor dem
Originale erkennt man aber, daß
die derbe Technik, besonders in
den Nebendingen, ganz und gar
nicht Coques' subtilem Stile ent-
spricht. Theodor von Frimmel,
dem dieser Widerspruch schon auf-
gefallen war, wollte unser Bild
Theodor Boeyermans zuschreiben,
womit die Schule, der es angehört,
richtig bezeichnet ist. Doch wer
Stil, Auffassung und Malweise des
Familienbildes in Tournai gut im
Gedächtnisse hat, der wird nicht
anstehen, dieses Porträt unserem
J. Van Dalem zuzuteilen. Auch mit
dem Bacchus der kaiserlichen Ge-
mäldegalerie hat es gewisse tech-
nische Merkmale gemein, so be-
sonders die Behandlung der Stoffe
mit breiten, pastosen, kräftig auf-
gesetzten Lichtern.

Die kaiserliche Galerie besitzt endlich eine mittelmäßige Kopie (Nr. 556) nach einem Gemälde in
der Ermitage zu Petersburg, das Amor in ganzer Figur darstellt und dort Domenichino zugeschrieben
wird, eine Kopie, die wahrscheinlich von unserem Jan Van Dalem gemalt ist. Die Ausführung verrät
eine niederländische Hand und die Bezeichnung, die zwischen den großen Buchstaben AMOR sichtbar
ist, F. J. v. d. F. (das erste F wohl nur der Symmetrie wegen wiederholt) zeigt ganz ähnliche Schrift-
züge wie die Signaturen der Bilder unseres Meisters.

Fig. 25. Jan Van Dalem, Junge Dame am Klavier.
Wien, Akademie der bildenden Künste.

Nach diesen wenigen Beispielen der Kunst J. Van Dalems erscheint er uns als ein Maler, der um
1650 in Antwerpen tätig war. Die Einflüsse Rombouts' und Van Dycks, die sich in seinen Arbeiten nach-
 
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