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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Stiassny, Robert: Altsalzburger Tafelbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0073
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Altsalzburger Tafelbilder.

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Vater Holbeins im Germanischen Mu-
seum, ohne ihre Inschrift, derselben
Hand zutrauen, die so viele Kirchen-
bilder geschäftsmäßig heruntergestri-
chen hat!

So ist auch Ed. v. Engerth auf
Widerspruch gestoßen, als er die vier
großen Flügeltafeln der kais. Gale-
rie, die das Monogramm R. F. und die
Jahreszahlen 1490 und 1491 tragen, dem
Meister von Großgmain zuwies.1 Es
sind die Türen eines Passionsaltares,
dessen Mittelstück wahrscheinlich eine
geschnitzte Grablegung oder Beweinung
des Herrn gebildet hat. Innen sieht man
Leidensszenen, außen Darstellungen aus
dem Marienleben. Schon die Vorder-
bilder sind von ungleicher Güte (Taf.
XIV und XV). Auf die Kreuzigung und
Kreuztragung ist größere Mühe verwen-
det als auf die Geißelung und den Gi-
berg, die Schnaase übrigens unter-
schätzte, wenn er sie nur als Gesellen-
arbeiten gelten lassen wollte.2 Speziell
die Geißelung, die der Maler mit Mono-
gramm und Jahreszahl versehen hat,
bietet neben schwächeren, verzeichneten
Figuren auch ausdrucksvolle Köpfe, ja
der unbekleidete Heiland in seiner knick-
beinigen Stellung ist anatomisch sogar
etwas besser geraten als der Crucifixus
der Kreuztragung, mit dem er sonst voll-
kommen übereinstimmt. Auffällig roher
freilich in den Motiven wie in der Durchführung ist der gleichfalls signirte Olberg (siehe Faksi-
mile 4).

Wie weit die Werkstatt ohne die persönliche Dazwischenkunft des Meisters sich gehen ließ,
zeigen erst die bisher fast unbeachtet gebliebenen Außenbilder: Verkündigung, An-
betung der Könige, Himmelfahrt Marias und eine bis auf wenige Bruchstücke ver-
schwundene Geburt Christi (Fig. 9, 10, ir). Engerth hat sie erheblich später ange-
setzt als die Vorderbilder, in das Jahr 1619, welches Datum neben den Buchstaben
N. B. auf dem Olberge steht. Daß mit dieser Bezeichnung aber nur ein Restaurator
sich verewigt hat, beweist die Wiederholung des Monogrammes R. F. und der Jahres-
zahl 1491 auf dem Grabsteine Marias in der Himmelfahrt, einem der Rückseiten-
bilder. Der verantwortliche Malerunternehmer hat also gar keinen Anstand genom-
men, auch diese geringen Stücke mit seiner Flagge zu decken, — denn, daß er etwa einem Gehilfen
erlaubt hätte, sein Zeichen dreimal auf dem Altare anzubringen, ist ausgeschlossen. Die Produk-

Fig. 10. Werkstatt des Meisters R. F. Anbetung der Könige.
(Rückseite der Kreuztragung).
Wien, kais. Gemäldegalerie.

Faksimile 4.

1 Beschreibendes Verzeichnis, III. Bd., Nr. 1500—I5o3; Scheibler, Repertorium für Kunstwissenschaft 1887, S. 3oi.

2 Geschichte der bildenden Künste VIII2, Stuttgart 1879, S. 419.

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