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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Stiassny, Robert: Altsalzburger Tafelbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0076
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Robert Stiassny.

«großen Saale».1 Der Salzburger Domherr Friedrich Franz Josef Graf von Spaur gedenkt ihrer in
seinem anonym erschienenen Buche «Reisen durch Oberdeutschland» I (Leipzig 1800), S. 116: «Die
seltensten und zugleich ältesten Gemälde dieser Galerie sind jene vier, die in der Form von Altar-
blättern auf beiden Seiten mit den lebhaftesten Farben gemalt sind. Bei dem ersten Anblick erkennt
man, daß sie aus jener durch Albrecht Dürer so berühmt gewordenen Schule herstammen. Sie sind
aber weit älter als dieser Meister; denn die auf der einen Seite ausgedrückte Jahreszahl ist 1490 und
jene der andern 1491 und des Malers Zeichen: M. R. (!).»

Die Provenienz der Bilder darf sonach als gesichert gelten. Sie wirft jedenfalls ein neues Ge-
wicht in die Wagschale zu Gunsten der Identität des Monogrammisten R. F. mit dem Maler von
Großgmain.

Fig. 12. Goldgrundmuster der Wiener R. F.-Bilder.

IV.

Vom Meister R. F. ist kürzlich eine andere Originalarbeit in Wien aufgetaucht, die den Passions-
bildern des Hofmuseums stilistisch und zeitlich nahesteht. Aus der Sammlung des Grafen Franz von
| Falkenhayn auf Schloß Walpersdorf, die im Februar 1902 verstei-

V I y v<J_/r L Sert wurde, erwarb Dr. A. Figdor ein männliches Brustbild,

auf Lindenholz gemalt (25 X r9 cm-)- Das Täfelchen — auf das mich
Dr. G. Glück aufmerksam machte — zeigt auf lichtgrünem Grund
den linkshingewandten Kopf etwa eines Dreißigers (Fig. i3). Die glatt-
rasierten Wangen beschattet das voll herabfallende brünette Haar,
auf dem eine niedrige rote Kappe sitzt; das weit geöffnete graue Ge-
wand läßt den entblößten Hals und ein weißgelb gestreiftes Hemd
sehen. Es ist eine inhaltsleere, gleichgültige, derbe Physiognomie zur
derben Anschaulichkeit gebracht, ungeschmeichelt wiedergegeben,
mit jenem erwartungsvoll gespannten Ausdruck in den Zügen, die den deutschen Bildnissen des XV. Jahr-
hunderts anzuhaften pflegt, als eine Folge der naiven Neugier der Sitzenden. Der gedankenlose Ernst
der Miene, der hart geschlossene Mund, der feste Blick charakterisieren auf das bestimmteste die nüch-
terne Eigenart des Mannes, mit der nur die unbedingte Echtheit der Erscheinung versöhnt. Durch die
geschickte Uberschneidung der einen halbabgewendeten Gesichtshälfte, den warmen Schlagschatten der
anderen gewinnt der Kopf eine beträchtliche Plastik. Der spitzpinselige, dünne Vortrag, der gelbbräun-

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Faksimile 5.

1 Nr. 104—107 bei Nesselthaler, Nr. 41—44 bei Vierthaler. — Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landes-
kunde 1862, S. 238, 248 und 1872, S. 362.
 
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