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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Stiassny, Robert: Altsalzburger Tafelbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0080
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Robert Stiassny.

Schöpfungen in den Museen studiert sondern auch dort aufzusuchen gewohnt ist, wo sie gewachsen ist,
auf ihrer heimatlichen Scholle, im deutschen Land. Gerade mit ihrer rustikalen Derbheit versetzen sie
uns mitten hinein in die Umgebung, aus der der Maler von Großgmain aufgestiegen ist, entreißen
sie ihn der Vereinsamung, in die er nur durch unser unzulängliches Wissen von den älteren deutschen
Schulen geraten ist, geben sie seiner künstlerischen Persönlichkeit erst die rechte Folie.

Greifbarer als in den eben genannten Arbeiten tritt uns diese in einem stattlichen Altarwerke
entgegen, das in der Sammlung des Historischen Vereins zu Regensburg aufbewahrt wird. Der
Altar stand früher im Dome der Stadt. Außer seinem Mittelstück, dem Schreine, scheint er beim

Abbruch auch die holzgeschnitzten Reliefs ver-
loren zu haben, mit denen vermutlich die
Innenflächen des ersten Flügelpaares ausge-
stattet waren. Erhalten sind im ganzen vier-
zehn Bildtafeln. Die zwölf kleineren lassen
sich in drei Reihen übereinander bequem auf
die Außenflächen jenes ersten und die Innen-
seiten eines zweiten Flügelpaares verteilen.
Heute sind sie, ohne Rücksicht auf die histo-
rische Folge der Begebenheiten, willkürlich zu-
sammengefügt. Ein Mittelblatt vereinigt sechs
Passionsscenen: Christus am Olberg, Christi
Gefangennahme, Geißelung, Dornenkrönung,
Christus am Kreuz, Grablegung (Taf. XVI).
Auf den Innenseiten der Flügel schließen sich
an: Fußwaschung, Christus vor Herodes, Chri-
stus vor Kaiphas, die Kreuztragung, die Nage-
lung ans Kreuz und die Auferstehung (Taf.
XVII). Zusammengeschlagen zeigen die Flügel
die lebensgroßen Gestalten des Salvators und der
Gottesmutter (Taf. XIII a und Fig. 19). Die Ge-
samthöhe des auf Tannenholz gemalten Tripty-
chons beträgt 2 40m; die kleineren Bilder sind
je 76 cm. hoch und 74 cm. breit. Ihr Goldgrund
hat durch Abreibung und Retouchen gelitten,
Fig. 16. Salzburger Schule, St. Hieronymus. eine energischere Restauration haben aber nur

Salzburg, Stift st. Peter. die großen Figuren der Flügelaußenseiten er-

fahren. Bei seiner gegenwärtigen Aufstellung,
gegenüber einem Fenster, ließen sich dem Altar bedauerlicherweise keine durchwegs einwandfreien Auf-
nahmen abgewinnen.

Von der Literatur ist das Werk bisher nur gestreift worden. Seine Qualität war zwar schon
Waagen aufgefallen x. Niedermayer hatte als Urheber Wolgemut in Vorschlag gebracht, damals ein
beliebter Gattungsname für altdeutsche Meister. Nach den Verhandlungen des Historischen Vereines
für Oberpfalz und von Regensburg 1862, S. 16, war Ernst Förster derselben Ansicht. Sonst hat in der
Autorfrage nur E. Flechsig Stellung genommen, der jüngst die nicht näher begründete Ansicht verlauten
ließ, der «Meister des Hausbuches» (Nikolaus Schit?) sei der Maler. 2

1 Künstler und Kunstwerke in Deutschland II, Leipzig 1845, S. 122. — Kurz erwähnt rindet es sich in Niedermayers Künst-
ler und Kunstwerke der Stadt Regensburg, Landshut 1857, S. 270; bei Lötz, Kunsttopographie Deutschlands II, Cassel 1863,
S. 410, und bei v. Walderdorff, Regensburg in seiner Vergangenheit und Gegenwart, 4. Aufl., Regensburg 1896, S. 229.

2 Die Baudenkmale in der Pfalz IV., Ludwigshafen 1898, S. i3o.
 
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