Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) (24.1903)

Fig. 18. Fußwaschung.
Vom Flügelaltar in der Sammlung des Histor. Vereines zu Regensburg.

Waschung, überhaupt die künstlerisch abgerundetste Komposition des Altares (Fig. 18). Wie die
Apostel nach Alter und Temperament unterschieden sind, so wechselt ihr Ausdruck von frommer
Einfalt und demütigem Erstaunen bis zu schlichter Würde und naturalistischer Porträtwahrheit. Mit
den Großgmainer Aposteln, die kräftigere, rassigere Charaktere sind, verbindet sie dieselbe Empfin-
dungsnuance. Im dortigen Marientod kehrt, auf seinen Stab gestützt, der liebenswürdige Greis mit den
langen, weißen Locken und fließendem, zweigeteiltem Bart wieder, der hier vorne rechts am Rande
sitzt. Der Heiland der Wiener Folge ist demselben Typus entwachsen wie der Crucifixus des Regens-
burger Altares; an beiden fällt das dicke, überreiche Haupthaar auf und die übereinstimmende Art,
wie sie am Kreuze hängen. Der feiste Pharisäer der Kreuzigung in Regensburg sieht dem mittleren
König der Anbetung der Könige, Johannes dem Engel Gabriel der Verkündigung in der kaiserlichen
Galerie recht ähnlich. Die Frauengesichter, die unter den aufgebauschten Kopftüchern zum Vorschein
kommen, haben jenen sympathischen Ausdruck von Herzensgüte und Freundlichkeit, den wir von
Großgmain her kennen. Ein gemessenes Wesen, die gotische Empfindsamkeit gibt, wie dort, selbst
den bäuerischen Köpfen Haltung und Stimmung. Diese schlägt nur gelegentlich in komische Gravität
oder in eine altjüngferliche Geziertheit um, wie bei dem Christus der Gefangennahme und der Auf-