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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Wickhoff, Franz: Aus der Werkstatt Bonifazios
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0103
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Aus der Werkstatt Bonifazios.

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Fig. 4. Auferstehung von Antonio Palma in Stuttgart.

Köpfe kehrt auf dem Mittelbilde öfters wieder, die schmale Nase des Petrus zumal mit den Brauen
darüber, «die sich hoch im Bogen drehen», sowie der Kopf des Paulus, der besonders für Christus
wieder verwendet wurde, freilich mit den nötigen Änderungen. Zudem steht auf dem weißen Zettel,
der an der Säule links hängt, der Name des Malers «Stefanus» mit hebräischen Buchstaben geschrieben.
Es ist also auch der Maler des Mittelbildes Steffano Cernotto, nicht ein Schüler sondern ein
Nebenbuhler des Bonifazio, den ein früher Tod in unverdiente Vergessenheit hinabstieß. Wenn
Ludwig von diesem Maler, auf den er uns erst wieder aufmerksam gemacht hat, geringschätzend
sagt: «Cernotto ist kein hervorragender Künstler», so möchte ich lebhaft widersprechen. Er ist einer der
hervorragendsten Maler Venedigs, der in erster Reihe hinter den führenden Großmeistern steht.

Ich möchte den Versuch machen, ein vielbesprochenes Bild als Jugendarbeit dieses Cernotto in
Anspruch zu nehmen. Ich meine das Salomonsurteil in Kingston Lacy bei.Mr. Ralph. Bankes,1
das schon Carlo Ridolfi, der es in der Casa Grimani di Sant' Ermagora zu Venedig gesehen hatte,
dem Giorgione zuschrieb.2 Es zeigt alle dieselben Eigenschaften wie die Austreibung der Wechs-
ler, nur in einem embrionalen Zustande. Es ist dasselbe Voreinanderbauen der sich überschneidenden
Figuren, um zur Vertiefung des Raumes zu gelangen, dieselbe Liebe für perspektivisch verkürzte
Architektur. Alles dreht sich ja nur um die Vertiefung des Raumes, die das Hauptziel des Malers ist,
selbst bei dem schön gemusterten Fußboden. Es ist ein Jugendwerk, in dem noch vieles mißlungen, ja
geradezu kindlich ist. Der Thron, der für die Nische bestimmt ist, steht vor den vordersten Säulen,

1 Abgebildet bei Herbert Cook, Giorgione, London 1900, zu p. 26.

2 Ridolfi, a. a. O., t. I, p. 84.

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