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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Dvořák, Max: Das Rätsel der Kunst der Brüder van Eyck
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0315
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Das Rätsel der Kunst der Brüder van Eyck.

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Herzog von Berry der Handschrift entäußerte, war sie noch unvollendet, denn nur ein Teil der Minia-
turen weist den Stil der Zeit und der Künstler des Herzogs auf. Die fehlenden Bilder wurden später
nachgetragen, und zwar in verschiedenen Zeitpunkten; die letzten dürften erst in der zweiten Hälfte
des XV. Jahrhunderts entstanden sein. Einige dieser Miniaturen lassen sich bestimmt datieren. Auf
einem der Bilder, die den Psalter schmücken, ist ein Fürst mit seinem Gefolge dargestellt und einer
von seinen Begleitern trägt eine
Fahne mit den Wappen von
Bayern, Holland und Hainaut.
Im Jahre 1417 starb Wil-
helm IV., der letzte Prinz von
Bayern, der Besitzer von Hol-
land und Hainaut gewesen ist;
es kann also diese Miniatur nur
zwischen den Jahren 1413 und
1417 entstanden sein.1

Durrieu ging bei der Be-
stimmung der kunstgeschicht-
lichen Bedeutung dieser Bilder
von der Wealeschen Hypo-
these über den Stil Huberts
aus. Er findet zwischen den
Bildern, welche Weale für
Werke Huberts erklärte, und
einzelnen Miniaturen der Tu-
riner Handschrift eine schla-
gende Ubereinstimmung, und
da nach seiner Meinung durch
die erwähnten Wappen die Ent-
stehung dieser Miniaturen im
zweiten Jahrzehnt des XV. Jahr-
hunderts bewiesen wird, be-
trachtet er sie nicht nur als
einen Beweis für die Richtig-
keit der Wealeschen Theorie
sondern bezeichnet sie gerade- FiS- 59- Unbekannter Meister, Madonna mit heiligen Jungfrauen.

ZU als die «debuts des van Miniatur aus dem Turiner Gebetbuche des Herzogs von Berry.

Eyck». Die Ausführungen Dur-

rieus haben nicht nur keinen Widerspruch erfahren sondern haben vielmehr vielfache Zustim-
mung gefunden. Besonders Hulin ist für sie eingetreten und hat sie noch weiter ausgeführt, indem
er die Vermutung aussprach, daß diese Miniaturen, die nicht von einer Hand sind, in einer Zeit
entstanden seien, wo die Brüder van Eyck noch ein gemeinsames Atelier besaßen, und indem er
zugleich versucht, einzelne der Bilder Hubert, andere Jan, andere sogar ihrer Schwester Margarete
zuzuweisen.

Wäre man nicht von hypothetisch Hubert zugeschriebenen Bildern ausgegangen sondern von dem
Befunde, den die Turiner Fragmente bieten, so hätte man im Gegenteil auch nach diesen wenigen Frag-

1 Sein Bruder, Johann, Bischof von Lüttich, hat allerdings auch noch auf diese Länder Anspruch erhoben, jedoch,
wie bereits Durrieu betonte, dürfte es kaum möglich sein, darauf die Wappen zu beziehen. Die Datierung der Miniatur würde
sich übrigens dabei nur um wenige Jahre verschieben.

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