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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Dvořák, Max: Das Rätsel der Kunst der Brüder van Eyck
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0317
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Das Rätsel der Kunst der Brüder van Eyck.

3n

in Schlachtordnung steht, französische, burgundische und brabantische Fahnen. Durrieu sprach die
Vermutung aus, daß man diese Zusammenstellung auf die politischen Kämpfe in den letzten Regie-
rungsjahren Karls VI. beziehen könne, womit eine vor das Todesjahr des Königs 1419 fallende Ent-
stehungszeit gegeben wäre. Doch in dem althergebrachten Texte des Gebetes, zu dem die Miniatur
als Illustration dienen soll, wird des französischen Königs gedacht und an der diesem Texte entsprechen-
den Psalmstelle wurde
in der ganzen goti-
schen Malerei ein be-
tender König darge-
stellt, in französi-
schen Handschriften
der französische Kö-
nig, so daß die Minia-
tur gewiß auf dem
Texte und einer alten
Gewohnheit und nicht
auf einer politischen
Erwägung beruht.

Die brabanti-
schen und burgundi-
schen Fahnen sind
aber im Gegenteil ein
Beweis, daß diese Mi-
niaturen nicht mehr
im Haag und im Auf-
trage Wilhelms von
Bayern gemalt wur-
den und daß sie nicht
aus demselben Ate-
lier stammen wie jene
der ersten Gruppe,
wie Durrieu und Hu-
lin vermuten, son-
dern später entstan-
den sind. Sie wären
also eher ein neuer
Gegenbeweis gegen
die frühe Ansetzung

der vermeintlichen Bilder Huberts, falls es eines solchen noch bedürfte, und kommen für unsere
Frage nicht in Betracht.

Doch auch davon kann keine Rede sein, daß die in den Jahren 1413—1417 entstandenen Minia-
turen von Hubert oder Jan selbst gemalt worden wären. Von Hubert können sie nicht sein, weil sie
über seinen Stil hinausgehen, weil sie in der landschaftlichen Darstellung, in der naturalistischen
Durchbildung der Figuren, in der ganzen Malweise viel vorgeschrittener sind als seine Werke. Jan
können sie aber nicht zugeschrieben werden, weil sie weder auf der Höhe seiner Kunst stehen noch
von den persönlichen Merkmalen seines Stiles irgend etwas aufweisen. Es ist unmöglich, daß Jan
etwas Ahnliches gemalt hätte wie den mittelalterlichen, von einer Engelglorie umgebenen Gott Vater,
der dem Prinzen am Meeresufer erscheint, oder die noch ganz nach der Art der gotischen Illustrationen
komponierte Verspottung Christi (Fig. 65). Auch haben die Figuren dieser Miniaturen nicht das min-

Fig. 61. Werkstatt der Brüder von Limburg, Kalenderbild.

Miniatur aus dem Gebetbuclie des Herzogs von Berry in Chantilly.
 
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