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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 26.1906/​1907

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I. Theil: Abhandlungen
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Seidlitz, W. von: Ambrogio Preda und Leonardo da Vinci
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https://doi.org/10.11588/diglit.5946#0022
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Ambrogio Preda und Leonardo da Vinci.

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neunziger Jahre, namentlich in der nach Leonardos teilweiser Vorzeichnung ausgeführten Madonna
Litta zeigt, dann aber, nachdem Leonardo um die Wende des Jahres 1499 Mailand verlassen hatte,
wiederum sich mehr seiner anfänglichen Art nähert. Darnach wäre er neben Zenale und Borgognone
ein vollgültiger Vertreter der altlombardischen Schule gegen das Ende des XV. Jahrhunderts, der nur,
gleich den wirklichen Schülern Leonardos aus dessen erster mailändischer Zeit, den Boltraffio, Cesare
da Sesto, Francesco Napoletano, durch die bestrickende Einwirkung des großen Florentiners einen vor-
übergehenden Einfluß erfahren und dadurch seine Kräfte weit über ihr natürliches Maß emporgehoben
gesehen hätte, zu dem er später, als er
wieder auf sich selbst angewiesen war,
zurückzukehren sich genötigt sah. Die
Bedeutung Leonardos aber erscheint nicht
im geringsten dadurch geschmälert, daß
neben seinen eigenen gesicherten Werken,
wie dem Abendmahl und der Mona Lisa,
die Eigenschaften, welche aus den Wer-
ken seiner Nachahmer und vor allem des
Preda hervorleuchten, sich als so stark
erweisen, daß solche Werke durch Jahr-
hunderte hindurch ihm selbst zugeschrie-
ben werden konnten.

Leben.

Giovan Ambrogio de'Predi war der
Sohn eines Edelmannes Lorenzo Preda
(siehe Arch. stor. lomb. i8g3, 980), der,
wie es scheint, aus dem Modenesischen
stammte; die Namensform wenigstens
deutet auf eine solche Herkunft und auch
der Umstand, daß der etwas ältere lom-
bardische Miniaturmaler Cristoforo de
Predis, der vielleicht ein Verwandter des
Künstlers, wenn nicht gar sein Lehrer
war, sich auf Miniaturen von 1474 als
Muti(nensis) bezeichnet (Rassegna d'Arte
1902, 94). 1482 bereits wird Ambrogio
als Hofmaler Lodovico il Moros genannt,
der seit 1480 die Regentschaft für den
minderjährigen Herzog Giangaleazzo, seinen Neffen, führte («Zoane Ambroso di Predi da Milano de-
pintore de lo III. S(ignore) Sforza», von Morelli in der Galerie Borghese (1890), S. 238, nach G. Campori
mitgeteilt). Danach dürfte er bald nach der Mitte des XV. Jahrhunderts geboren sein, und zwar in
Mailand, wie er sich denn auch auf dem Bildnisse des Kaisers Max von 1502 als Ambrosius de Predis
Mediolanensis bezeichnet. Er hatte einen Bruder Bernardino, der mit einer Tochter des bekannten
Leibarztes Lodovico il Moros, Magister Johannes de Rosate, verheiratet war; von diesem Bernardino
wird weiterhin noch die Rede sein.

Ambrogio wird somit annähernd ein Altersgenosse von Leonardo da Vinci gewesen sein, der
gerade um das Jahr 1482, da Ambrogio zum erstenmal erwähnt wird, nach Mailand kam, um das bereits
seit Jahren geplante Reiterstandbild Francesco Sforzas auszuführen. Das Schriftstück aus diesem Jahre,

Fig. 8. Frauenkopf.
Florenz, Utfizien, Nr. 48.
 
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