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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 26.1906/​1907

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I. Theil: Abhandlungen
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Tietze, Hans: Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farnese und seine römische Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.5946#0068
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ÖO Hans Tietze.

sultat ausgehend, können'wir diesem außerdem noch die Fresken 4, 10, 12 zuschreiben, Agostino aber,
dem letzten der Beteiligten, 5 und 18; bei i3, das wegen der ungünstigen Lage zwischen den Fenstern
nur mit großer Muhe wahrgenommen werden kann, scheint mir der Urheber fraglich zu sein; vielleicht
haben Lodovico und Agostino daran Anteil. Agostino, der für unsere Zwecke wichtiger ist als Lo-
dovico, zeichnet sich auch hier als Landschafter aus; sein Fresko mit dem Asyl (5, Fig. 2) ist ja bei-
nahe eine reine Landschaft. In breitem
Schwünge gliedern sich die Hügelreihen
aneinander, an deren Fuß tiefgrüne Wäl-
der sich anschmiegen. Die Jünglinge,
die auf das Asyl zueilen, sind von Anni-
bales weichlichen, etwas unbestimmt ge-
zeichneten Gestalten sehr verschieden;
ihr Umriß ist eher hart und ihre ganze
Erscheinung vorwiegend plastisch emp-
funden. Die Sehnen am Halse springen
kräftig vor und sind ebenso ausmodel-
liert wie etwa die Falten des aufgeroll-
ten Ärmels. Uberall bestimmte, abgren-
zende Linien; das Haar legt sich kurz-
geschoren an den Schädel oder ist zu
plastischen Locken geschnitten; ein wei-
ches Spiel, das den Umriß aufhebt und
zur Umgebung überleitet, kommt nicht
vor. Der prachtvolle Kamin,1 dessen Man-
tel mit einem Bilde Annibale Caraccis
geschmückt ist, trägt in seiner reichen
Bekrönung das Wappen der Magnani
und die Inschrift «Laurentius Magnani
Senator 1592». Dieses Datum kann sehr
wohl die Vollendungszeit des Fresken-
schmuckes bezeichnen und wir können
unsere vorläufigen Betrachtungen über
die Malweise Annibales und Agostinos
als provisorischen Ausgangspunkt für un-
sere weiteren Untersuchungen ansehen.
Die Werkstätte der Carracci war um
Fig. 4. Annibale Carracci und Lucio Massari, Madonna mit Heiligen. diese Zeit besonders in Flor; dies verrät
Bologna, Pinakothek. uns nicht nur die große Anzahl datierter

Werke aus dieser Zeit, sondern auch der
Umstand, daß sie genötigt waren, Bestellungen zurückzuweisen, und anfingen, höhere Preise zu for-
dern, als sie bisher getan hatten. So schreibt Lodovico damals: «quanto alla tavola della S. Cate-
rina a me poco importa lasciarla al signor Prospero (Fontana), avendone tanto da fare, che mi basta»
etc. und Pompeo Viziani erzählt in einem Briefe vom 4. Dezember 1593, er hätte sich mit den Carracci
über den Preis eines Bildes nicht einigen können, «poiche hanno detto di voler ducento scudi, che mi
pare un gran pagare, avendo essi fino ad ora fatto le loro tavole per sessanta o per settanta, ma vogliono

1 Außer diesem befinden sich im Palazzo noch mehrere Kamine mit Fresken von Carraccischülern; vier weitere kamen
in den Palazzo Masetti: einer (Apollo) ist von Annibale, einer (Ringkampf Amors mit Pan) von Agostino, die übrigen ge-
hören der Schule an.
 
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