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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 26.1906/​1907

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I. Theil: Abhandlungen
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Tietze, Hans: Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farnese und seine römische Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.5946#0069
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Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farnese und seine römische Werkstätte.

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cominciare a vendere per riputazione, ho poi inteso, que sono soliti a calar molto poco dalla prima
domanda, e che tengono i lavori molto tempo nelle mani, prima che finiscano>.1 Es ist nicht zu ver-
wundern, daß die Arbeiten derartig verzögert wurden; Agostino war hauptsächlich mit Stechen be-
schäftigt und Annibales Art war es nicht, Arbeiten rasch zu erledigen. Die sorgfältigen Kompositions-
skizzen und Naturstudien, die er zu größeren Werken verfertigt, setzen eine langsame und sorgsame
Arbeitsweise voraus; auch später war er nicht imstande, die Anforderungen, die aus seiner Stellung als
Haupt einer großen Werkstatt erwuchsen, zu erfüllen, und mehr als andere — vielleicht mit Ausnahme
von Raffael und Rubens — muß er sich der Hilfe von Schülern bedienen. In besonders hohem Maße
gilt das von seinen letzten Lebensjahren
in Rom, in denen Krankheit und eine tiefe
Melancholie seine eigene Tätigkeit fast
völlig lahmlegen; aber auch in Bologna
wächst ihm die Arbeit über den Kopf und
er ist schon r5g3 gezwungen, die Ausfüh-
rung eines Bildes einem Schüler zu über-
lassen. Es ist das Bild (Fig. 4), das sich
ehemals in S. Giorgio befand und nun der
Bologneser Galerie angehört (37).

Auf hohem Sockel, den ein steinfarbenes
Relief ziert, steht der Thron der Madonna
unter einer Rundbogennische. Das derb gebil-
dete Christkind steht zwischen den Knien der
heiligen Jungfrau, die mit der Linken ein Buch
hält und mit der Rechten den sich zu Jesus
herüberbeugenden kleinen Johannes liebkost;
an den Seiten stehen S. Johannes Ev. und die
heilige Katharina.

Das Bild ist bezeichnet «ANN.
CARR. FEC. MDXCIII». Sicher ist, daß
es in viel höherem Maße das Eigentum
Annibales ist, als das bei den römischen,
mit Hilfe seiner Schüler verfertigten Bil-
dern der Fall zu sein pflegt; sicher ist
aber auch, daß die Ausführung keine
eigenhändige sein kann. Schon die tiefen
satten Farben stehen mit Annibales ganzer
Art in Widerspruch; schweres Rot und
Braun der Gewänder, rötliche oder fahle
Färbung der Gesichter, schwere trübe

Schatten kommen bei Annibale 1593 niemals vor. Noch weniger entsprechen ihm Einzelheiten der
Formengebung: die Gewänder mit fast metallisch harten Säumen, das verlorene Profil der heiligen
Katharina, das sich scharf vom dunkeln Hintergrunde absetzt, am wenigsten die Hände mit den zuge-
spitzten Fingern, die durch die untergelegten Schlagschatten sehr plastisch herausmodelliert sind. Die
letzte Eigentümlichkeit ermöglicht uns, den Mitarbeiter Annibales ausfindig zu machen; es ist Lucio
Massari, von dem ja die Galerie selbst Beispiele genug enthält, an denen wir all jene Besonderheiten
wiederfinden; beweisender noch als diese Bilder, die alle aus viel späterer Zeit stammen, sind Massaris
Werke in S. Paolo in Bologna (3. Kapelle rechts: heil. Hieronymus, und 2. links mit mehreren
Fresken).

Fig. 5. Annibale Carracci, Deckenbild im Palazzo Sampieri.
Bologna.

1 Malvasia I (Vita di Prospero Fontana), p. 217.
 
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