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Hans Tietze.
den (Nr. i38); mit ihm stimmt eine Zeichnung der Albertina überein, die mit dem Namen Perino del
Vaga bezeichnet ist.1 Sie scheint mir aber dem Penni sehr nahe zu stehen und die Vorzeichnung für
das Bild des Garofalo gewesen zu sein.2
Wenn, nun auch Annibale gewiß nicht auf die fragliche Zeichnung zurückgegriffen hat und ge-
wiß nicht von der auf Raffael zurück-
gehenden Komposition des Sujets abhän-
gig ist, so ist der Hinweis doch von
Nutzen, da er uns erinnert, wie beliebt
die zentrale Anordnung der Elefanten-
gruppe damals war; die Quelle aber
dürfte hier und dort die gleiche gewesen
sein: spätrömische Reliefs. So dürfte
Annibales Elefant- mit dem auffallend
kleinen Kopfe und den ornamental aus-
gefransten Ohren einem solchen Relief
entlehnt sein.3 So ließe sich auch erklären,
wieso Bacchus überhaupt dazu kommt,
auf dem Elefanten reitend dargestellt zu
werden, während bei den antiken Vorbil-
dern doch ein gefangener König so zu
erscheinen pflegt. Da der Bacchus des
indischen Triumphs GYjAupiopipo? ist, also
weibliche Gesichtszüge aufweist und ein
langes wallendes Gewand trägt,4 konnte
er, der auf dem Triumphwagen steht,
leicht mit Ariadne verwechselt werden
und der gefangene König als Bacchus
gelten. Daß eine solche Verwechslung
stattgefunden hat, zeigt die Art, wie der
Gott quer über dem Rücken des Tieres sitzt und wie sein linker Arm auf den Rücken gelegt ist; die
Arme des Gefangenen waren hinter dem Rücken gefesselt.
Das Zerfallen des Zuges in drei einzelne Gruppen war wohl die Ursache, warum Annibale die
Komposition nochmals von Grund aus umarbeitete, wobei er wiederum auf verschiedene ältere Motive
au
\ •
\
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Fig.43. AnnibaleCarracci,Detailstudie zum Bachuszug im Palazzo Farnese.
Albertina.
quali quadri sono sopra certi camini di sua Eccellenza)». Dazu gehört ein im Archiv in Modena befindlicher Brief des Bel-
trami Costabili, Bischofs von Adria, an Alphons I.; in der Übersetzung bei Gius. Campori, Documents inedits sur Raphael
in: Gazette des Beaux-Arts, Paris i863, lautet er: «Tres illustre, tres excellent, mon respecte seigneur, Raphael d'Urbin m'a
fait dire par ce meme eleve qui a ete a Ferrare, qu'il avait appris que M° Pellegrino d'Udine s'occupait d'une toile pour
Votre Excellence, sur le meme sujet dont il envoya dernierement le dessin en petit, le Triomphe de Bacchus dans les
Indes. Cet eleve m'a fait part aussi de ce que c'etait lui qui avait rapporte cela, comme l'ayant entendu dire ä Ferrare.
Raphael de son cöte, dit que si la chose etait, il ne peindrait plus ce sujet comme il l'avait promis, mais il en executerait un
autre. Rome, 11 septembre 1517, B. Costabili, eveque d'Adria.» Siehe dazu auch Venturi, La R. Galleria Estense, Modena
1882, p. 22. Dazu gehört auch ein Brief des Bagnacavallo vom letzten Februar 1519: «Ho veduto Ii schizi .per megio di un
suo Creato quäle uno e la Cacia di Maleagro, I'altro un Triompho di Bacho, beletissimi: Kunstfreund I, 1885, S. 326.
1 Sc. Rom. 533. — Die Gepflogenheit, solche Zeichnungen aus dem bacchischen Kreise etwas wahllos dem Perino del
Vaga zuzuschreiben, erklärt sich daraus, daß er den Gegenstand mehrfach gemalt hat; siehe Vasari V, 597-
2 Vgl. besonders bei Dollmayr, Raffaels Werkstätte, im Jahrbuche der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten
Kaiserhauses XVI, Fig. 17, 29—31 und T. XXVIII.
3 Z. B. A. F. Gori, Inscriptionum antiquarum etc., T. III, Tav. XXIX, Florenz 1743. Nach demselben Sarkophagrelief
scheint ein schwacher florentinischer oder römischer Zeichner um 1500 eine Zeichnung verfertigt zu haben, die unter dem
Namen Botticelli im Louvre ausgestellt ist (Phot. Giraudon 618); auffallend ist besonders, daß die Zeichnung genau bei der
Bruchstelle jenes Reliefs gleichfalls aufhört.
4 Bei Nonnos (Dionys. XIV, 159) heißt es: ruvaixEiTjv yopicov A;u3)]jj.ova [iopyrjv.
Hans Tietze.
den (Nr. i38); mit ihm stimmt eine Zeichnung der Albertina überein, die mit dem Namen Perino del
Vaga bezeichnet ist.1 Sie scheint mir aber dem Penni sehr nahe zu stehen und die Vorzeichnung für
das Bild des Garofalo gewesen zu sein.2
Wenn, nun auch Annibale gewiß nicht auf die fragliche Zeichnung zurückgegriffen hat und ge-
wiß nicht von der auf Raffael zurück-
gehenden Komposition des Sujets abhän-
gig ist, so ist der Hinweis doch von
Nutzen, da er uns erinnert, wie beliebt
die zentrale Anordnung der Elefanten-
gruppe damals war; die Quelle aber
dürfte hier und dort die gleiche gewesen
sein: spätrömische Reliefs. So dürfte
Annibales Elefant- mit dem auffallend
kleinen Kopfe und den ornamental aus-
gefransten Ohren einem solchen Relief
entlehnt sein.3 So ließe sich auch erklären,
wieso Bacchus überhaupt dazu kommt,
auf dem Elefanten reitend dargestellt zu
werden, während bei den antiken Vorbil-
dern doch ein gefangener König so zu
erscheinen pflegt. Da der Bacchus des
indischen Triumphs GYjAupiopipo? ist, also
weibliche Gesichtszüge aufweist und ein
langes wallendes Gewand trägt,4 konnte
er, der auf dem Triumphwagen steht,
leicht mit Ariadne verwechselt werden
und der gefangene König als Bacchus
gelten. Daß eine solche Verwechslung
stattgefunden hat, zeigt die Art, wie der
Gott quer über dem Rücken des Tieres sitzt und wie sein linker Arm auf den Rücken gelegt ist; die
Arme des Gefangenen waren hinter dem Rücken gefesselt.
Das Zerfallen des Zuges in drei einzelne Gruppen war wohl die Ursache, warum Annibale die
Komposition nochmals von Grund aus umarbeitete, wobei er wiederum auf verschiedene ältere Motive
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Fig.43. AnnibaleCarracci,Detailstudie zum Bachuszug im Palazzo Farnese.
Albertina.
quali quadri sono sopra certi camini di sua Eccellenza)». Dazu gehört ein im Archiv in Modena befindlicher Brief des Bel-
trami Costabili, Bischofs von Adria, an Alphons I.; in der Übersetzung bei Gius. Campori, Documents inedits sur Raphael
in: Gazette des Beaux-Arts, Paris i863, lautet er: «Tres illustre, tres excellent, mon respecte seigneur, Raphael d'Urbin m'a
fait dire par ce meme eleve qui a ete a Ferrare, qu'il avait appris que M° Pellegrino d'Udine s'occupait d'une toile pour
Votre Excellence, sur le meme sujet dont il envoya dernierement le dessin en petit, le Triomphe de Bacchus dans les
Indes. Cet eleve m'a fait part aussi de ce que c'etait lui qui avait rapporte cela, comme l'ayant entendu dire ä Ferrare.
Raphael de son cöte, dit que si la chose etait, il ne peindrait plus ce sujet comme il l'avait promis, mais il en executerait un
autre. Rome, 11 septembre 1517, B. Costabili, eveque d'Adria.» Siehe dazu auch Venturi, La R. Galleria Estense, Modena
1882, p. 22. Dazu gehört auch ein Brief des Bagnacavallo vom letzten Februar 1519: «Ho veduto Ii schizi .per megio di un
suo Creato quäle uno e la Cacia di Maleagro, I'altro un Triompho di Bacho, beletissimi: Kunstfreund I, 1885, S. 326.
1 Sc. Rom. 533. — Die Gepflogenheit, solche Zeichnungen aus dem bacchischen Kreise etwas wahllos dem Perino del
Vaga zuzuschreiben, erklärt sich daraus, daß er den Gegenstand mehrfach gemalt hat; siehe Vasari V, 597-
2 Vgl. besonders bei Dollmayr, Raffaels Werkstätte, im Jahrbuche der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten
Kaiserhauses XVI, Fig. 17, 29—31 und T. XXVIII.
3 Z. B. A. F. Gori, Inscriptionum antiquarum etc., T. III, Tav. XXIX, Florenz 1743. Nach demselben Sarkophagrelief
scheint ein schwacher florentinischer oder römischer Zeichner um 1500 eine Zeichnung verfertigt zu haben, die unter dem
Namen Botticelli im Louvre ausgestellt ist (Phot. Giraudon 618); auffallend ist besonders, daß die Zeichnung genau bei der
Bruchstelle jenes Reliefs gleichfalls aufhört.
4 Bei Nonnos (Dionys. XIV, 159) heißt es: ruvaixEiTjv yopicov A;u3)]jj.ova [iopyrjv.