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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 26.1906/​1907

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I. Theil: Abhandlungen
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Tietze, Hans: Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farnese und seine römische Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.5946#0134
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Hans Tietze.

beide gerade damals sehr empfänglich gewesen sein. In dieser Zeit könnte Agostino folgende Arbei-
ten ausgeführt haben: den Rest der Arbeiten im Palazzo Sampieri, das Deckenbild (Herkules, die Welt-
kugel tragend) im bischöflichen Palast in Forli, das schöne Bild mit dem heil. Franziskus in der Pina-
kothek daselbst, das fälschlich als Lodovico bezeichnete Hochaltarblatt, die Marter der heil. Ursula, in
S. Domenico in Imola.1 Die Ubersiedlung nach Rom erfolgte nach meiner Ansicht in der zweiten
Hälfte des Jahres 1597; vorher war Agostino vielleicht in Parma, um ein Porträt Ranuccios zu malen,
das er in dessen Namen dem Kardinal überreichen sollte.2 Im Staatsarchiv in Parma findet sich eine
darauf bezügliche Eintragung vom 22. Oktober 1597: «A Bernardino Staffiere scudi 29, 20 per darli

______________ad Agostino pittore

per un ritratto di sua
altezza che hä donato
al signor Cardinale
Farnese.»3

So scheint mir
denn jene Jahreszahl
1600 nicht die Be-
deutung zu haben, die
man ihr beigelegt hat.
Navenne erinnert an
die Vermählung Ra-
^H|^^|^H^H| nuccios mit Marghe-
rita Aldobrandini und
meint, es liege eine
zarte Aufmerksamkeit
des Kardinals vor, der
seinem Bruder eine
würdige Wohnstätte

bereiten wollte und ihm zu Ehren den Freskenschmuck enthüllen ließ.4 Auch diese Auslegung erscheint
mir nicht ganz ausreichend. Wir sind durch die Avvisi di Roma und anderer Berichte über die Einzel-
heiten der Hochzeit ganz gut unterrichtet. Der Herzog befand sich seit dem Beginn des Jahres als Gast
des Papstes in Rom; er bat um Erlaubnis, in seinen Palazzo am Campo di Fiore ziehen zu dürfen, die
ihm zunächst verweigert wurde, da der Palast nicht ihm sondern dem Kardinal gehöre. Später aber
wohnte der Herzog abwechselnd im Familienpalast und im Vatikan und machte auch kurze Reisen nach
Caprarola und Castro.5 Am 7. Mai fand die Vermählung durch den Papst selbst statt; die Feier-
lichkeiten werden uns genau geschildert und wir erhalten sogar eine getreue Beschreibung des Gewan-
des, das der Bräutigam trug. Aber alle Festlichkeiten, von denen wir hören, fanden im Vatikan oder
beim Bruder der Braut, dem Kardinal Aldobrandini, im Palazzo Montecavallo statt;6 von einer Feier

1 Das Bild ist stark nachgedunkelt und kaum kenntlich; eine alte Kopie davon befindet sich in der Galerie in Faenza.

2 Bellori, p. 9, erzählt, daß Annibale dem Kardinal im Namen des Herzogs ein Bild der heiligen Caterina (nicht das
jetzt im Louvre befindliche Bild) überreichte; vielleicht ereignete sich bei Agostino Ähnliches.

3 Parma, Staatsarchiv, Spoglio de Mastri Farnesiani, p. 286, 1597 Okt. 22. Ein anderes Porträt des Herzogs malte er
später. Daselbst p. 297, 1599 16. Luglio: «AI Sig. Andrea Casalino scudi 3o,66 percosto di un anello d'oro smaltato con
certi diamanti donato da sua altezza a Messer Agostino Carraccioli, Pittor Bolognese per un Ritratto fatto dell'Altezza Sua.»
Es ist vielleicht dasselbe Bild, von dem Bellori, p. 64, spricht: «ed essendosi il medesimo Duca riavuto da una grave infer-
mitä, ne fece dipingere un' allro ginocchione avanti la Imagine della Madonna miracolosa di Ronciglione, lä dove mandollo
a quel commune, che haveva fatto il voto per la sua salute». Nach Belloris Darstellung wäre das Bild erst nach der Abreise
Agostinos von Rom entstanden; doch erfahren wir 1600—1602 nichts von einer schweren Krankheit des Herzogs, wohl aber
1598; siehe Memorie diverse da 1567—1623, Parma, Bibl. Pal., Ms. 1452 und Cronaca Farnesiana, daselbst 449.

4 a. a. O., 196.

5 Firenze, Staatsarchiv, Med. 3316: Lettere di Giovanni Niccolini vom 14. Januar, 29. Januar, 12. Februar etc.

6 Avvisi di Roma, Vatic. Urb. io63, besonders 10. Mai und i3. Mai; Avvisi, Florenz, Staatsarchiv, Med. 4028, beson-
ders i3. Mai. Die Festlichkeiten scheinen viele Fremde nach Rom gelockt zu haben; denn am 12. Mai heißt es: «Questa

Fig. 48.

Agostino Carracci, Galatea und die Argonauten.

Parma, Palazzo del Giardino.
 
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