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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 26.1906/​1907

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I. Theil: Abhandlungen
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Tietze, Hans: Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farnese und seine römische Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.5946#0159
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Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farnese und seine römische Werkstätte.

Zahlreicher sind die Zeichnungen zu dem Pendant, dem Kampf des Perseus mit Phineus; Domi-
nichino scheint hier noch selbständiger gewesen zu sein und die größere Sicherheit, mit der er auftritt,
gestattet, die Entstehung dieses Bildes nach dem vorigen anzusetzen. Zunächst gibt eine Kohlenzeich-
nung in Windsor (V, 27, Fig. 58) die Idee der ganzen Komposition, wie sie sich dem Künstler zunächst
darbot; eine erstaunliche Unsicherheit tritt in dieser Zeichnung zutage; die langen Figuren sind wie
Gliederpuppen nebeneinander aufgestellt und in heftige Bewegung gebracht. Der Spalt, der auch in
der Ausfuhrung zwischen Perseus und Phineus klafft, ist in der Zeichnung viel weniger glücklich als
auf dem Fresko; denn dort hilft er den Kampf der beiden Gegner, die einander unmittelbar gegenüber

Fig. 60. Annibale Carracci, Skizze zu dem Fresko : Arion im Palazzo Farnese.

Paris, Louvre.

stehen, zu einer dramatischen Szene von ziemlicher Wucht gestalten; hier aber ist zwischen die bei-
den Kämpfenden noch ein Krieger eingeschoben, der jene Wirkung gänzlich aufhebt. Vieles von den
leeren theatralischen Bewegungen der ersten Idee ist auch der definitiven Fassung anhaften geblie-
ben, obwohl er Gruppe für Gruppe, beinahe Figur für Figur vorgenommen zu haben scheint. Alle
diese Einzelstudien sind der allgemeinen Skizze weit überlegen, weil ihnen ein genaues Naturstudium
zugrunde lag. Eine gründliche Korrektur tat zunächst den beiden Hauptpersonen not; Phineus war
in der ganzen Auffassung unglücklich, schon kompositionell erscheint er in der Skizze allzusehr als
Inferiorer und Unterlegener; denn das eigentlich Wesentliche, das durch die Komposition hervorge-
hoben werden sollte, war doch, daß der ebenbürtige Gegner durch die Wirkung des Gorgohauptes im
entscheidenden Augenblicke zu Stein erstarrt. Eine Tuschzeichnung in Windsor (IV, 18, Fig. 59) ist
schon aus diesem Bestreben entstanden; der rechte Arm, der früher gesenkt war, ist nun erhoben und
hält die Lanze in der Höhe der Stirn und ungefähr horizontal; im Bilde ist der Arm noch mehr erhoben
 
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