Fig. 62. Annibale Carracci, Flucht nach Ägypten.
Rom, Palazzo Doria.
zurückgehen; ihr kleines Format und ihre völlig dekorative Verwendung hat bewirkt, daß sie niemals
beachtet wurden und die Hand Dominichinos in ihnen nie erkannt wurde, die hier viel unverhüllter
ist als bei den großen Bildern, obwohl diese von Dominichino selbständig entworfen, jene nur nach
Zeichnungen Annibale Carraccis von ihm ausgeführt wurden. Der Grund dafür ist, daß Dominichino
mit einer halbwegs ausgeprägten Malweise nach Rom kam, wo er allmählich ganz unter den Einfluß des
Meisters geriet und durch das lange Zusammenarbeiten mit ihm sich seinen Stil fast völlig aneignete. So
steht bei den späteren Bildern — den Perseusfresken und dem Mädchen mit dem Einhorn — die For-
mengebung dem Annibale viel näher als bei den kleinen früheren.
Die Vorzeichnungen dazu hat Annibale geliefert, in denen alle Hauptpunkte mit ziemlicher Ge-
nauigkeit gegeben sind; die Ausführung hatte sich nicht sklavisch an diese Zeichnungen zu halten und
überall sind kleine Abweichungen zu beobachten. Als Beispiel sei eine Federzeichnung im Louvre
genannt (Nr. 7207, Fig. 60), die zu dem Bilde «Arion auf dem Delphin» gehört; bei der Ausführung
ist alles mehr auseinandergezogen, die Burg und das Schiff sind in eine größere Entfernung gerückt, so
daß der Sinn der Erzählung doch deutlicher geworden ist. Die Zeichnung selbst als solche ist aber für
Annibales Art sehr bezeichnend; denn mit ein paar Strichen sind alle Teile völlig charakterisiert, z. B.
das Boot, an dem der Körper und das geschwellte Segel ganz ausreichend gekennzeichnet sind und zur
Angabe der Insassen ein paar Gesichtsovale genügen müssen. Dies setzt Annibales Zeichenweise in
strikten Gegensatz zur kleinlichen Art Agostinos und Dominichinos, die immer an den Einzelformen
haften bleiben. Zur selben Gruppe gehören noch mehrere Federzeichnungen, die alle im Louvre sind:
7195: Herkules und Prometheus, 7194: Herkules und der Drache, 7178: Merkur und Apollo, 7208:
Minerva und Prometheus.
Endlich gehören zu Dominichinos Anteil noch die ovalen Medaillons mit den Gestalten der Tu-
genden; auch diese hat er vollständig ausgeführt und durch sorgsame Vorstudien vorbereitet; so ge-
hören zur Caritas zwei schöne Zeichnungen, eine Tuschzeichnung im Louvre (7173^) und eine Kohlen-
zeichnung in Windsor (V, 26).
Alle diese Malereien Dominichinos in der Galerie sind wohl i6o3 bis 1604 entstanden; am An-
fang nahm der Meister noch in ziemlich bedeutendem Ausmaß an der Arbeit teil, 1604 erfolgte dann
xxvi. 20
Rom, Palazzo Doria.
zurückgehen; ihr kleines Format und ihre völlig dekorative Verwendung hat bewirkt, daß sie niemals
beachtet wurden und die Hand Dominichinos in ihnen nie erkannt wurde, die hier viel unverhüllter
ist als bei den großen Bildern, obwohl diese von Dominichino selbständig entworfen, jene nur nach
Zeichnungen Annibale Carraccis von ihm ausgeführt wurden. Der Grund dafür ist, daß Dominichino
mit einer halbwegs ausgeprägten Malweise nach Rom kam, wo er allmählich ganz unter den Einfluß des
Meisters geriet und durch das lange Zusammenarbeiten mit ihm sich seinen Stil fast völlig aneignete. So
steht bei den späteren Bildern — den Perseusfresken und dem Mädchen mit dem Einhorn — die For-
mengebung dem Annibale viel näher als bei den kleinen früheren.
Die Vorzeichnungen dazu hat Annibale geliefert, in denen alle Hauptpunkte mit ziemlicher Ge-
nauigkeit gegeben sind; die Ausführung hatte sich nicht sklavisch an diese Zeichnungen zu halten und
überall sind kleine Abweichungen zu beobachten. Als Beispiel sei eine Federzeichnung im Louvre
genannt (Nr. 7207, Fig. 60), die zu dem Bilde «Arion auf dem Delphin» gehört; bei der Ausführung
ist alles mehr auseinandergezogen, die Burg und das Schiff sind in eine größere Entfernung gerückt, so
daß der Sinn der Erzählung doch deutlicher geworden ist. Die Zeichnung selbst als solche ist aber für
Annibales Art sehr bezeichnend; denn mit ein paar Strichen sind alle Teile völlig charakterisiert, z. B.
das Boot, an dem der Körper und das geschwellte Segel ganz ausreichend gekennzeichnet sind und zur
Angabe der Insassen ein paar Gesichtsovale genügen müssen. Dies setzt Annibales Zeichenweise in
strikten Gegensatz zur kleinlichen Art Agostinos und Dominichinos, die immer an den Einzelformen
haften bleiben. Zur selben Gruppe gehören noch mehrere Federzeichnungen, die alle im Louvre sind:
7195: Herkules und Prometheus, 7194: Herkules und der Drache, 7178: Merkur und Apollo, 7208:
Minerva und Prometheus.
Endlich gehören zu Dominichinos Anteil noch die ovalen Medaillons mit den Gestalten der Tu-
genden; auch diese hat er vollständig ausgeführt und durch sorgsame Vorstudien vorbereitet; so ge-
hören zur Caritas zwei schöne Zeichnungen, eine Tuschzeichnung im Louvre (7173^) und eine Kohlen-
zeichnung in Windsor (V, 26).
Alle diese Malereien Dominichinos in der Galerie sind wohl i6o3 bis 1604 entstanden; am An-
fang nahm der Meister noch in ziemlich bedeutendem Ausmaß an der Arbeit teil, 1604 erfolgte dann
xxvi. 20