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Hans Tietze.
ziemlich fertig gewesen zu sein, denn eine Inschrift besagt: «B. V. Imaginem ante annos mille in pa-
ternis aedibus B. Gregorium allocutam sacello exornavit anno MDC.» Das Altarbild aber war damals
noch nicht fertig; Salviati sollte die Beendigung und Krönung seines frommen Werkes nicht mehr er-
leben. Er starb am 26. April 16021 und erst am 3o. Oktober i6o3 wurde der Altar vom Bischof von
Sidon Leonardo Abele geweiht.2 Das Bild blieb bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts an Ort und Stelle ;3
um 1800 sollte es nach Paris gebracht werden, kam aber nur bis Genua, wo es Day und Cammuccini
auf rätselhafte Weise erwarben, mit einer Aquarellkopie nach einem Bilde Guido Renis übermalten und
Fig. 69. Dominichino, Venus mit Eroten.
Chantilly, Miisee.
1801 nach England brachten; aus der Sammlung Lord Radstocks gelangte es endlich ins Bridgewater-
house.4
Der heilige Gregor in weißem Gewände und rotem Kragen kniet auf einem Polster; er ist in Gebet ver-
sunken und streckt die Hände in Orantenhaltung aus, während sein weltverlorener Blick nach vorn gerichtet ist;
die Tiara steht hinten auf einem Tische und neben ihr ein Kruzifix. Neben dem Heiligen kniet auf der einen Seite
ein adorierender Engel, auf der andern steht ein etwas größerer und deutet, aus dem Bilde herausblickend, mit
einer empfehlenden Geste auf den heiligen Papst; oben schweben große und kleine Engel in einer Glorie.
Die Kapelle, für die das Bild bestimmt war, macht wohl zweifellos, daß hier der heilige Gregor
im Gebete vor dem Marienbilde auf dem Celio dargestellt ist.5
In seinen Farben erscheint das Bild sogleich als ein Werk Dominichinos; es sind leuchtende klare
Töne, wie wir sie bei Annibale zu dieser Zeit nie finden, besonders beim Gewände des einen Engels ein
Hellblau, wie er es zu keiner Zeit angewendet hat, das aber für Dominichino bezeichnend ist; es ist
genau dieselbe Nuance wie beim Kleide des Christkindes auf dem Bilde der Madonna del Rosario Do-
1 Ciaconius IV, 81.
2 Alberto Gibeiii, Meraorie storiche ed artistiche dell' antichissima chiesa abbaziale dei SS. Andrea e Gregorio, Rom 1888.
3 Das Bild wurde lj3l über Auftrag des Herzogs Salviati von Pietro Michelini restauriert; daselbst 21.
4 Catalogue of the Bridgewater and Ellesmere Gollections 1897; auch Redford, Art Sales.
5 Trotzdem meint Charles Rogers (A Collection of Prints in Imitation of drawings 1778), es handle sich um die Dar-
stellung der Legende, wie Gregor durch sein Gebet die Seele des guten Kaisers Titus aus der Hölle erlöst; der ganzen Sach-
Hans Tietze.
ziemlich fertig gewesen zu sein, denn eine Inschrift besagt: «B. V. Imaginem ante annos mille in pa-
ternis aedibus B. Gregorium allocutam sacello exornavit anno MDC.» Das Altarbild aber war damals
noch nicht fertig; Salviati sollte die Beendigung und Krönung seines frommen Werkes nicht mehr er-
leben. Er starb am 26. April 16021 und erst am 3o. Oktober i6o3 wurde der Altar vom Bischof von
Sidon Leonardo Abele geweiht.2 Das Bild blieb bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts an Ort und Stelle ;3
um 1800 sollte es nach Paris gebracht werden, kam aber nur bis Genua, wo es Day und Cammuccini
auf rätselhafte Weise erwarben, mit einer Aquarellkopie nach einem Bilde Guido Renis übermalten und
Fig. 69. Dominichino, Venus mit Eroten.
Chantilly, Miisee.
1801 nach England brachten; aus der Sammlung Lord Radstocks gelangte es endlich ins Bridgewater-
house.4
Der heilige Gregor in weißem Gewände und rotem Kragen kniet auf einem Polster; er ist in Gebet ver-
sunken und streckt die Hände in Orantenhaltung aus, während sein weltverlorener Blick nach vorn gerichtet ist;
die Tiara steht hinten auf einem Tische und neben ihr ein Kruzifix. Neben dem Heiligen kniet auf der einen Seite
ein adorierender Engel, auf der andern steht ein etwas größerer und deutet, aus dem Bilde herausblickend, mit
einer empfehlenden Geste auf den heiligen Papst; oben schweben große und kleine Engel in einer Glorie.
Die Kapelle, für die das Bild bestimmt war, macht wohl zweifellos, daß hier der heilige Gregor
im Gebete vor dem Marienbilde auf dem Celio dargestellt ist.5
In seinen Farben erscheint das Bild sogleich als ein Werk Dominichinos; es sind leuchtende klare
Töne, wie wir sie bei Annibale zu dieser Zeit nie finden, besonders beim Gewände des einen Engels ein
Hellblau, wie er es zu keiner Zeit angewendet hat, das aber für Dominichino bezeichnend ist; es ist
genau dieselbe Nuance wie beim Kleide des Christkindes auf dem Bilde der Madonna del Rosario Do-
1 Ciaconius IV, 81.
2 Alberto Gibeiii, Meraorie storiche ed artistiche dell' antichissima chiesa abbaziale dei SS. Andrea e Gregorio, Rom 1888.
3 Das Bild wurde lj3l über Auftrag des Herzogs Salviati von Pietro Michelini restauriert; daselbst 21.
4 Catalogue of the Bridgewater and Ellesmere Gollections 1897; auch Redford, Art Sales.
5 Trotzdem meint Charles Rogers (A Collection of Prints in Imitation of drawings 1778), es handle sich um die Dar-
stellung der Legende, wie Gregor durch sein Gebet die Seele des guten Kaisers Titus aus der Hölle erlöst; der ganzen Sach-