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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 26.1906/​1907

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I. Theil: Abhandlungen
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Tietze, Hans: Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farnese und seine römische Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.5946#0175
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Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farnese und seine römische Werkstätte.

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Danae liegt auf einem Bett, das ein weißes Leintuch bedeckt, auf der linken Seite und stützt sich mit dem
linken Ellbogen auf das Kopfkissen; sie ist ganz nackt, nur ein leichter Schleier, dessen Ende um den rechten
Arm geschlungen ist, ist quer über die Oberschenkel gezogen; den rechten Arm hat sie ausgestreckt und ihr
schwärmerischer Blick ist nach oben gerichtet, von wo der Goldregen in einzelnen Stücken herabrieselt. Vor dem
Bette kniet ein kleiner blondlockiger Amor, der seine ausgestreuten Pfeile in den Köcher sammelt. Hinten ist in
der Wand ein breites Fenster, das den Blick in eine schöne bergige Landschaft gestattet; auf der Fensterbrüstung
steht ein hohes Gefäß, auf dessen Körper ein Relief den Ringkampf Amors mit Pan darstellt.

Die Übereinstimmung mit der Venus von Chantilly, mit dem St. Gregor und anderen von Domi-
nichino ausgeführten Bildern ist eine vollständige; wiederum das braunrote Gesamtkolorit und die stark
plastische Formenbehandlung, die besonders bei den Falten des Leintuches und dem Schleier sowie

Fig. 73. Annibale Carracci, Tuschzeichnung zur Danae im Bridgewaterhouse.

Windsor.

bei den Locken Amors auffällt. Der Anteil Annibales war hier auch bei der Ausführung etwas größer
als sonst; denn der Kopf der Danae nähert sich stark dem weiblichen Typus, den Annibale in den
allerletzten Jahren seines Schaffens ausbildet. Vielleicht hat er also für den Kopf eine eigene Zeichnung
geliefert; jedenfalls geht der Entwurf des Ganzen auf ihn zurück, wie wir einer Tuschzeichnung in
Windsor (IV, 3; Fig. 73) entnehmen können. Es ist wieder eine jener charakteristischen Skizzen, in
denen Annibale seine Idee für den, der sie ausführen sollte, in klarer, wenn auch flüchtiger Weise
fixierte; auch hier ist wieder alles Wesentliche in raschen, sicheren Strichen angegeben, manches nur
als Valeur, wie etwa die Landschaft.

Nicht viel später als Albani und Dominichino war ein anderer Jüngling nach Rom gekommen,
der mit ihnen um den Vorrang zu kämpfen gesonnen war und der später in bittere Feindschaft mit
Dominichino geriet: Giovanni Lanfranco aus Parma. Durch Vermittlung der Scotti in Piacenza kam
der Jüngling — er war 1580 geboren — in Agostino Carraccis Werkstätte in Parma, nachdem er sich
gewiß schon vorher die ersten Elemente der Malerei angeeignet hatte. Seine früheste Arbeit, eine Ma-

ich gegeben zu haben. Von Bildern aus dem Bridgewaterhouse kommen z. B. noch der schlafende Giovannino (Nr. 58) und
Nr. 88, in dem Waagen richtig die Züge Dominichinos erkannte, für diese Gruppe in Betracht.
 
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