Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 26.1906/​1907

DOI issue:
I. Theil: Abhandlungen
DOI article:
Suida, Wilhelm: Die Spätwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.5946#0370
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Spätwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino.

359

hier mitgeteilt werden (Fig. 41). Christus im Grabe zwischen zwei trauernden Engeln in einem Kranz-
medaillon, an das von den Seiten her zierliche Brokatvorhänge reichen. Das Ganze mit schöner Orna-
menteinfassung. Zu Bramantinos Kunst steht das Bild in keiner näheren Beziehung, erweist sich viel-
mehr als sehr schöne Arbeit eines gleichzeitig lebenden Lombarden, der aus den Traditionen des
XV. Jahrhunderts nicht heraustritt.

Anonyme Schüler.

Zwei vorläufig anonyme Künstler, die sich aufs deutlichste als Ateliergenossen Bramantinos er-
weisen, verdienen eine kurze Betrachtung. Der eine hat zumeist Täfelchen mit sehr kleinen Figuren
gemalt, wobei er die Kompositionsprinzipien Bramantinos gelegentlich in seine kleinen Verhältnisse
übernahm. Am vorteilhaftesten präsentiert er sich in dem Bilde des Ecce homo (Pilatus weist Jesum
dem Volke) beim Fürsten Trivulzi
in Mailand (Fig. 42).1

Schwächer, aber gewiß von
der gleichen Hand ist dann das mit
dem phantastischen Namen «Bra-
mante Lazzari» ausstaffierte Ge-
mälde der Taufe des heil. Augusti-
nus durch den heil. Ambrosius in
der Galerie von Bergamo (Gall.
Lochis, Nr. ig, Fig. 43).

Ein kleines Predellenstück,
die Vorführung des heil. Martin vor
den Richter, Fragment des ehema-
ligen Altars der Kirche S. Martino
bei Vigevano, befindet sich in mei-
nem Besitze (Fig. 44). Leicht wird
man die Hand des gleichen Künst-
lers in der figurenreichen kleinen p.g ^ Bernard;no ^ Freskobnjchstück aus dcr ^ Pe,ucca
Breitkomposition der Darstellung London, Waiiace CoUection.
des Christkindes im Tempel wie-
derfinden, die in der Galleria Borromeo Bramantinos Namen trägt (Nr. 142, stark restauriert).

Auch eine Zeichnung besitzen wir von diesem Anonymus, die mit der Sammlung Malcolm in
das British Museum kam: Christus vor Pilatus, kleine Figuren in einer Säulenhalle. Das Blatt trägt die
alte irrige Aufschrift «Zenale».2

Fünf kleine Täfelchen in der Sakristei der Kirche S. Teodoro zu Pavia zeigen einen verwandten
Stil. Auf diesen sind folgende Szenen aus der Legende des heil. Theodorus dargestellt: Der Traum
des Desiderius, die Berufung des Theodorus als Bischof von Pavia, die Bischofsweihe durch Papst
Leo IV., der heil. Theodorus erweckt den Neffen des Königs Karl zum Leben, die Leichenfeier des
heil. Theodorus. Der besprochenen Gruppe stehen die im Folgenden (auf Seite 370) erwähnten Bilder
sehr nahe. _

Eine Anzahl von Freskomalereien aus Bramantinos Schule läßt sich nun auch noch auf eine ganz
ausgeprägte Persönlichkeit zurückführen. Wir finden da einen Künstler, der bei deutlichen Anklängen

1 Die gleiche Komposition findet sich auf einem Relief des Bambaja vom Denkmal des Gaston de Foix im Kastell
von Mailand.

2 Vgl. Charles Loeser, «I disegni italiani della Raccolta Malcolm»: Archivio storico dell'Arte 1897, p. 3l3, woselbst
eine Abbildung der Zeichnung, deren künstlerischer Zusammenhang aber noch nicht aufgefunden wurde.

46*
 
Annotationen